Von Ralf Keuper

Die Zukunft der Emsinsel bewegt seit einiger Zeit die Gemüter in Warendorf. Seitdem die Textilfirma Brinkhaus die Produktion an ihrem alten Standort in der Warendorfer Innenstadt eingestellt hat, ist die Diskussion um die passende Nutzung der Fläche im vollen Gange, ohne jedoch einem Kompromiss dabei näher gekommen zu sein.

Erster größerer Wurf war die Dokumentation der Planwerkstatt zur städtebaulichen Neuordnung des Werksgeländes der Brinkhaus GmbH & Co. KG in Warendorf. Darin entwarfen die Autoren u.a. folgendes Szenario:

Von der Dreibrückenstraße aus bildet ein neues Gebäudeensemble den Auftakt für die Bebauung auf der Emsinsel. Im Zusammenspiel mit dem denkmalgeschützten Bürogebäude in preußischem Repräsentationsstil umfasst ein Gebäude für Sondernutzungen den neuen Brinkhausplatz. Unterschiedliche Nutzungen, ein Hotel, der Verkehrsverein, Gastronomie, kleine Einzelhandelseinheiten mit einem spezialisierten Warenangebot insbesondere in den Erdgeschosszonen, Dienstleistungseinheiten, wie Arztpraxen, Büros und Wohnungen in den Obergeschossen schaffen ein angemessenes Entree unter Berücksichtigung der hervorragenden Lage dieses Standortes, einen lebendigen Baustein der Stadt, ein Platz mit urbaner Qualität.

Weiterhin stellten die Autoren fest:

Aus kultureller Sicht ist die Industriegeschichte der Emsinsel als Werksgelände der Textilfirma Brinkhaus für Warendorf von herausragender Bedeutung. Mehr als 120 Jahre wurde an diesem Standort Industriegeschichte geschrieben, zeitweise fanden im Textilwerk Brinkhaus bis zu 1000 Beschäftigte Arbeit. Dieses kulturelle Erbe sollte auch nach Umnutzung der Emsinsel erfahrbar bleiben.

Was an dem Werksgelände, abgesehen von dem Pförtnerhäuschen und vielleicht noch dem Verwaltungsbau aus dem Jahr 1879, aus industriegeschichtlicher Sicht so erhaltenswert sein soll, erschließt sich mir nicht wirklich, was durch folgende Passage mehr oder weniger bestätigt wird:

Der bauliche Zustand der vorhandenen Substanz ist vom Erhaltungsgrad her als heterogen zu bezeichnen. Während die in den 1980er Jahren zuletzt hinzugekommenen Gebäude in gutem Erhaltungszustand sind, jedoch wegen ihrer spezifischen Nutzungsausrichtung kaum für eine Nachnutzung infrage kommen, sind die älteren Gebäude aufgrund unterlassener Sanierung, wegen eindringender Feuchtigkeit und auch durch Vandalismus überwiegend in sehr schlechtem Zustand. Bezüglich ihrer innenräumlichen Qualitäten und des z. T. zweigeschossigen Aufbaus sind einzelne der älteren Gebäude möglicherweise für eine Nachnutzung instandsetzbar bzw. umbaubar. Dies würde im Einzelfall eine sorgfältige Untersuchung der technischen Voraussetzungen und der finanziellen Sanierungsrisiken voraussetzen.

Die Reaktionen auf den Werkstattbericht fielen, sagen wir mal, recht verhalten aus. Mittlerweile herrscht, so weit ich sehen kann, weitgehende Einigkeit darüber, dass die Emsinel für eine Bebauung im großen Stil ungeeignet ist, wie u.a. aus dem Beitrag Auf „Emsinsel“ keine Neubauten rentabel? hervorgeht. Die Errichtung des Hippologicums, einer Erlebniswelt zum Thema Pferd, ist ebenfalls vom Tisch. Ohne öffentliche Zuschüsse ist das Projekt an dem Standort nicht realisierbar.

Statt von einer kulturell und industriegeschichtlich wertvollen Emsinsel ist nur noch von der Industriebrache Emsinsel die Rede. Kritisch zu den Plänen, die Emsinsel großflächig zu bebauen, äußerte sich der Heimatverein Warendorf in Kurze Geschichte der Emsinsel. Der Heimatverein plädiert für die Renaturierung der Emsinsel, wie in Arbeitskreis Emsinsel – Arbeitsgruppe ohne Nutzungsvorgaben. Zwischenbericht in der öffentlichen Veranstaltung am 27.05.2014 im Rathaus. Darin werden fünf Vorschläge für die weitere Nutzung präsentiert.

Der Lösung ein gutes Stück weiter gekommen wäre man, wenn die Stadt den Zuschlag für die Landesgartenschau 2017 bekommen hätte. Stattdessen darf sich Bad Lippspringe über die Ausrichtung freuen. Mittlerweile hat man die Landesgartenschau 2023 ins Auge gefasst. Die Stadt hat diese Chance allein schon wegen ihrer Schönheit verdient.

Stand heute erscheint mir das als einziger Ausweg bzw. als letzte Hoffnung. Nur über ein Projekt wie das einer Landesgartenschau kann eine Stadt wie Warendorf eine Industriebrache dieser Größe einer neuen, zeitgemäßen und “nachhaltigen” Nutzung zuführen. Ohne öffentliche Mittel vom Bund, vom Land oder der EU, in welcher Form letztendlich auch immer, wird es jedenfalls nicht gehen. Aus eigener Kraft wird es die Stadt Warendorf kaum schaffen. Da fehlen Politiker wie Heinrich Windelen, Friedrich Vogel, Jürgen W. Möllemann oder Richard Winkels.

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