Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Sparkasse Hagen ist aktuell Gegenstand intensiver öffentlicher und politischer Debatten. Auslöser ist ein laufender Rechtsstreit zwischen einem jüdischen Nachfahren und der Sparkasse Hagen um ein Konto, das seinem Urgroßvater während der NS-Zeit gehörte. Die Familie war vor den Nationalsozialisten in die Schweiz geflohen, das Guthaben blieb jedoch bei der Sparkasse zurück. Der Nachfahre fordert heute Auskunft und Herausgabe des Kontos[1]Klage gegen die Sparkasse an Volme und Ruhr (Hagen).

Kritik am Umgang der Sparkasse Hagen

Die Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Sylvia Löhrmann, kritisiert das Verhalten der Sparkasse Hagen als „unsensibel“ und fordert eine wissenschaftliche Aufarbeitung der NS-Vergangenheit von Banken[2]„Banken sollten sich mit ihrer NS-Vergangenheit auseinandersetzen“. Sie bemängelt insbesondere das Fehlen persönlicher Gespräche und den formalen, wenig empathischen Umgang mit den Nachfahren der Opfer. Löhrmann sieht im Verhalten der Sparkasse einen „blinden Fleck“ im Umgang mit der eigenen Geschichte.

Auch Vertreter der Jüdischen Gemeinde und des Auschwitz-Komitees äußern scharfe Kritik. Sie werfen der Sparkasse vor, Akten über jüdische Konten aus der NS-Zeit unter Verschluss zu halten und Nachfahren formaljuristisch abzuweisen, statt sich der historischen Verantwortung zu stellen.

Historischer Hintergrund und Streitfall

Im konkreten Fall geht es um ein Scheckkonto bei der Sparkasse Hagen, auf dem 1932 eine Mitgift von 38.000 Reichsmark hinterlegt wurde. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde ein Großteil des Guthabens aufgrund antisemitischer Gesetze einbehalten. Die Sparkasse behauptet, das Konto sei 1937 aufgelöst worden, was jedoch durch Akten nicht eindeutig belegt ist. Historische Unterlagen, die den Verbleib des Geldes klären könnten, werden von der Sparkasse bislang nicht offengelegt. Die Nachfahren fordern Einsicht in diese Dokumente, was die Sparkasse bislang verweigert.

Fehlende Transparenz und wissenschaftliche Aufarbeitung

Obwohl die Sparkasse Hagen in den 1990er Jahren Akten über jüdische Konten im Archiv der Presse präsentierte, wurde eine vollständige Offenlegung und wissenschaftliche Aufarbeitung bis heute nicht vorgenommen. Die Sparkasse argumentiert mit Datenschutz und dem Bankgeheimnis, was von Kritikern als nicht nachvollziehbar und als Hohn gegenüber den Opfern der NS-Enteignungen bewertet wird.

Juristische Dimension

Der Rechtsstreit wird derzeit vor dem Oberlandesgericht Hamm verhandelt[3]Gericht verhandelt über jüdisches Konto aus der Nazi-Zeit. Die Sparkasse beruft sich auf Verjährung und behauptet, das Konto sei aufgelöst worden. Historiker und die Nachfahren bestreiten dies und fordern eine moralische und finanzielle Wiedergutmachung. Die Entscheidung des Gerichts wird für Mai 2025 erwartet.

Fazit

Die Sparkasse Hagen steht exemplarisch für den in vielen deutschen Banken und Sparkassen bislang unzureichend aufgearbeiteten Umgang mit der eigenen NS-Vergangenheit. Der aktuelle Fall zeigt, dass es weiterhin massive Defizite bei Transparenz, Empathie und wissenschaftlicher Aufarbeitung gibt. Die öffentliche und politische Forderung nach einer umfassenden, selbstkritischen Auseinandersetzung mit der Rolle der Banken im Nationalsozialismus ist daher aktueller denn je.

Allerdings gibt es auch löbliche Ausnahmen, wie die Sparkasse Werra-Meißner[4]Sparkasse Werra-Meißner lässt ihre NS-Vergangenheit erforschen, die Sparkasse Aurich-Norden, die Sparkasse Münsterland-Ost und die Stadtsparkasse Nürnberg[5]Die Sparkassen in der NS-Zeit[6]vgl. dazu: Welche Handlungsfreiheit hatten die Sparkassen in der NS-Zeit?.

Eher unrühmlich ist dagegen der Umgang der Frankfurter Sparkasse mit ihrer NS-Vergangenheit[7]Streit um die Bewertung der NS-Geschichte der Frankfurter Sparkasse.

Von Rolevinck

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