Von Ralf Keuper

Eine weitere Folge aus der Serie “Was ist Westfalen?”, heute mit Gerhard Rödding und seinem Beitrag Skeptisch gegen alle Utopie.

Wahrscheinlich lässt sich das Wesen Westfalens nicht besser als in diesem Spruch zusammenfassen: Furcht braucht der religiöse Mensch nicht zu haben, aber er muss misstrauisch all denen gegenüber sein, die ihm Lobsprüche entgegenbringen. Vor allem kann es nie Ziel seines Tuns sein, das Lob der Menschen einzuheimsen. Wie gegen alle Emotionen empfindet überdies der echte Westfale einen inneren Widerwillen denen gegenüber, die mit Lob und Schönrederei seine Gefühle hervorlocken wollen. O ja, der Westfale hat Gefühle, aber sie sind allein seine Sache.

In diesem Lande ist man skeptisch gegen alle Utopie. Weltveränderer werden hier nur höchstens zufällig geboren. Man glaubt nicht daran, dass Gottes Schöpfung dergestalt ist, dass der Mensch sie von Grund auf ändern müsste. Mit dieser Grundhaltung kann man wahrscheinlich den Problemen der Zukunft leichter als mit Fortschrittsgläubigkeit begegnen; denn nichts muss heute so kritisch betrachtet werden wie die von Menschen gemachte Welt, die die Ausbeutung und Totalerschließung der Natur zur Voraussetzung hat und die unseren Kindern die Zukunft nimmt. Westfälischer Mentalität entspricht es, die Welt verantwortlich zu verwalten wie der Bauer seinen ererbten Hof, auf der er nur ein Glied in der Kette der Geschlechter ist. Dieses Bewusstsein verleiht ihm Würde und zeigt ihm die Grenze seines individuellen Lebens, führt ihn zu Zurückhaltung und Bescheidenheit, wenn es um ihn selbst geht, und macht in kompromisslos, wenn das Ganze auf de Smpiel steht, – Spuren einer solchen Geisteshaltung finden sich auch im heutigen Westfalen. (in: Westfalen unter sich über sich, hrsg. von Rainer Schepper)

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