Eine weitere Folge aus der Serie “Was ist Westfalen?”, heute mit Levin Schücking und seinem Gedicht Westfalen

Ein weiches, frisches Wogen,
Ein harz’ger Tannenduf,
Es weht, es kommt gezogen,
Als grüße mich die Luft!
Ich muss zurück und blicken
Einmal ins stille Land,
Ich muss ein Reis mir pflücken,
Das auf der Heide stand
Wie Sommerfädenschimmer
Die Heide überspinnt!
Ich seh’ ihr heiß Geflimmer,
Wie’s flattert, weht und rinnt:
Aus krauser Nadeln Wolle
Dringt des Wacholders Rausch,
Und über der braunen Scholle
Steht gelb der Ginsterstrauch.
Fernab, bewaldet, blauet,
Gestreckt wie ein Wellenschlag,
Der Hügel Zug; es schauet
Durchs Laub der Hütte Dach;
Der Rauch steigt in die Höhe,
Als ob mit blauem Glanz
Ein Reiherbusch überwehe
Des Waldhaupts Turbankranz.
Im Hof, an Holzesgattern
Seh’ ich die Eichen stehn,
Seh’ ihre Wipfel flattern,
Ein friedlich Bannerwehn.
Das Efeu schlingt mit Ranken
Saftgrün sich dicht hinan;
Geschirrlos hinter Planken
Geht weidend das Gespann.
Im Holz des Spechtes Hacken,
Der Tauben tief Gegirr:
Am Ast ein Surren, Knacken,
Dann sachtes Laubgeschwirr;
Es säuselt auf die Blende – 
Sankt Joseph lehnt darin,
Um die gefaltnen Hände 
Den Kranz der Spinnerin

Es sind die Aveglocken,
Der fernen Stadt Getön
Im West, wo Purpurflocken 
Auf ihren Gibeln stehn,
Um weißer Spitzen Ragen
Der goldne Schimmer fliegt,
Und blau ums sie geschlagen
Des Himmels Mantel liegt.
Ich lass ins Moos mich gleiten
Und träume wie der Wald,
Bis helles Herdenläuten
Heimkehrend vorüberwallt.
Dort, ha – die Oriflamme,
Die nun der West entrollt!
Purpur leuchtet am Stamme,
Im Laub smaragdnes Gold.
Jetzt kniet zum Abendsegen
Das ganze weite Land!
Auf alle die Scheitel legen
Möge Gott die treue Hand;
Mög’ all die Lieder schließen,
Sein Hauch ob ihnen wehn,
Sein Segen sich ergießen,
Wo noch ein gläubig Flehn.
Ein Blitzen und ein Glühen
Von Blatt zu Blatte springt’s,
Ein rosig Strahlenblühen,
Durch alle Wipfel dringt’s;
Zugleich mit leisem Schalle
Wird fernher Tönen wach,
Als rief’s dem Sonnenballe
Die Schöpfung Grüße nach.
O, sei gegrüßt zum Scheiden,
Du Heimat, gute Nacht,
Mit deinen sonn’gen Heiden,
Mit deiner Wälder Pracht – 
Wie deine Hünensteine
Fest ist uralter Treu’,
Wie Tauben deiner Haine
Verschlossen, rein und scheu!
Mir gibt zum Angedenken
Dies Laub, dem Zweig entrafft,
Am Hute will ich’s schwenken
Auf meiner Wanderschaft,
Mir unters Haupt es legen,
Träum’ ich am fernen Strand – 
Noch einmal: Gottes Segen!
Gegrüßt, gegrüßt mein Land!

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