Von Ralf Keuper

Biografien mittelständischer Unternehmer sind eher selten. Das liegt sicherlich auch daran, dass ein größeres Publikum nur schwer zu erreichen ist; das Interesse ist überschaubar, der Bekanntheitsgrad der Personen gering. Hin und wieder kommt es vor, dass die Lebensgeschichte eines regional bekannten Unternehmers bei den Lesern und der Kritik großen Zuspruch findet, wie Der schwarze Grat: Die Geschichte des Unternehmers Walter Lindenmaier aus Laupheim von Burkhard Spinnen. Dieses Buch war es auch, dass Bernd Windhoff, ehemaliger Haupteigner und Chef der Windhoff AG aus Rheine, dazu bewogen hat, seine eigene Geschichte niederzuschreiben. Assistiert hat ihm dabei der in Münster lebende und bereits erwähnte Burkhard Spinnen.

Windhoff, 1939 geboren, erzählt in Mein beinahe vollkommen glückliches Leben sein  Leben als Spitzensportler im Tennis, Unternehmer, Ehemann, Familienvater und Privatier. Der Leser erfährt näheres zur Entstehungsgeschichte des Unternehmens, dessen geschäftlicher Ursprung in der Bahntechnik liegt. Windoff selbst ließ zunächst keine großen Ambitionen erkennen, in das väterliche Unternehmen einzusteigen. In Berlin, Köln und Basel lebte er als Student das Leben eines Bohemiens. Später ging er mit seiner ersten Frau an die Universität Gießen, wo er einige Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Betriebswirtschaft tätig war. Als promovierter Betriebswirtschaftler kehrte er in das Familienunternehmen als Geschäftsführer eines Tochterunternehmens der Windhoff-Gruppe zurück. Dort, wie auch in der gesamten Windhoff-Gruppe, gaben zu dem Zeitpunkt die Techniker und Ingenieure den Ton an.

Folgich haben die, die sich in einem solchen Unternehmen mit auf Zahlen und Bilanzen konzentrieren, es manchmal schwer, mit ihren Ansichten durchzudringen. Wer Öl an den Händen hat, behauptet schnell, er sei näher an den Dingen dran als die, die bloß mit Papier hantieren.

Windhoff leistete mit der Erstellung eines Handbuchs über die zentralen Abläufe des Unternehmens, das Kühltechnik herstellte, zunächst betriebswirtschaftliche Grundlagenarbeit. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse erleichterten ihm in den nächsten Jahren seine Arbeit wesentlich.

.. in unserer recht überschaubaren Kühlerfabrik fand ich die besten Voraussetzungen, um eine kritische Revision aller Abläufe und Verfahren vorzunehmen. Denn im Gegensatz zu externen Beratern, die man gerne zur Hilfe ruft, wenn es Probleme gibt, lernte ich das Unternehmen von innen kennen und konnte es in kleinen Schritten verändern. Externe Berater arbeiten überwiegend auf der Grundlage von Betriebsdaten, sie haben oft keinen intensiven Kontakt zu den Mitarbeitern und lernen die Produktionsabläufe vor Ort kaum kennen.

Später wurde Bernd Windhoff auf Veranlassung seines Vaters und mit Unterstützung des Betriebsrates in den Vorstand der Windhoff AG berufen. Dort war Windhoff bis zum Jahr 1993, zuletzt als Vorstandsvorsitzender, tätig. Unter seiner Führung entwickelte sich das Unternehmen stetig weiter. Das Produktprogramm wurde diversifiziert. Allerdings war die Kapitalausstattung kaum als besonders üppig zu bezeichnen. Das änderte sich mit dem Börsengang der Windhoff AG im Jahr 1993. Emissionsbank war Trinkaus & Burckhardt. Damit wurde Bernd Windhoff sehr wohlhabend. Das Geld aus dem Börsengang wurde überwiegend in Übernahmen weiterer Unternehmen investiert. Einige davon erwiesen sich als Fehlinvestition. Windhoff beging den nach eigener Aussage größten Fehler seines Lebens, als er, ohne sich mit den anderen Aktionären, vor allem Hauhinco, abzustimmen, seinen Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat verkündete. Dies wurde von den anderen Aktionären als Überrumpelungsversuch gewertet und wohl noch aus anderen Gründen abgelehnt. Mit einem Schlag war Windhoff Privatier. Die Windhoff AG selber geriet einige Jahre nach dem Ausscheiden von Bernd Windhoff aus dem Unternehmen in eine Schieflage; 2001 musste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Der Investor und Eigentümer der Georgsmarienhütte-Gruppe, Jürgen Großmann, übernahm das Unternehmen. Als Windhoff Großmann darauf ansprach, ob es nicht sinnvoll sei, wenn er, Windhoff, dem Unternehmen als Beirat zur Seite stünde, wies Großmann das Ansinnen mehr oder weniger brüsk zurück. Ein echter Neuanfang sei mit den alten Köpfen nicht möglich. Das hat Windhoff, wie er zugibt, in seiner Eitelkeit gekränkt.

Seit seinem mehr oder weniger unfreiwilligen Rückzug aus dem Unternehmen betätigt sich Windhoff als Mäzen sowie in zahlreichen Vereinen seiner Heimatstadt Rheine. In zwei weiteren Kapiteln steuern der Wirtschaftshistoriker Harald Wixforth und der Schriftsteller Burkhard Spinnen ihre Sicht der Dinge bei. Damit ergibt sich ein rundes Bild.

Würdigung

Ob und inwieweit die Lebensgeschichte von Bernd Windhoff typisch für mittelständische Unternehmer seiner Generation ist, kann hier nicht beurteilt werden. Um einen Selfmade-Unternehmer handelt es sich nicht. In einigen Passagen zu seinem Privatleben kommt Windoff doch ein wenig zu selbstverliebt rüber. Es bleibt etwas von einem Lebemann. Dennoch handelt es sich um eine interessante Unternehmerpersönlichkeit, die in kein Schema passt. Vornehmlich die Betrachtungen des Unternehmers sind es, die dem Leser einen “Mehrwert” geben.

Von Rolevinck

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