Von Ralf Keuper
Viel zu oft noch begehen wir den Fehler, die Wirtschaftsgeschichte an großen, börsennotierten Unternehmen und/oder Konzernen festzumachen. Dabei geht die Bedeutung der vielen kleinen und mittelständischen Betriebe für die Gesellschaft allzu häufig unter. Sicher – in Sonntagsreden wird gerne auf das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – den Mittelstand oder die “Hidden Champions” – hingewiesen. Den Ton geben jedoch sowohl in den Medien wie auch in der Politik die großen Unternehmen an.
Die Wirtschaft in Westfalen ist wie in nur wenigen Regionen Deutschlands von mittelständischen Unternehmen geprägt, die oftmals über mehrere Generationen geführt werden. Um so einen Fall handelt es sich bei dem Schreib- und Papiergroßhandel Gebr. Wippenhohn im Harsewinkeler Ortsteil Greffen im Kreis Gütersloh. Wie die Tageszeitung Die Glocke berichtet, stellt das 1926 als Rheinisch-Westfälische Füllhalterfabrik in Bonn gegründete Unternehmen zum Jahresende seinen Betrieb ein. Alle 25 Mitarbeiter haben bereits einen neuen Job, fünf von ihnen fangen bei Herwig und Herkt aus Osnabrück an, das den Kundenstamm übernommen hat.
Im Jahr 1928 verlegten die Unternehmensgründer Wilhelm und Martin Wippenhohn ihren Betrieb von Bonn nach Greffen, um dort zunächst die Produktion von Füllfederhaltern fortzuführen.
Zur Geschichte des Unternehmens wie auch zu seinem Verkaufsschlager, dem Füllfederhalter Rifka, schreibt Walter Werland in Aus Greffens alten Tagen:
Es war im Jahre 1924, als der Hauptlehrer August Schlickmann .. eine GmbH zur Auswertung eines beabsichtigten Patents ins Leben rief. Er wollte einen Füllhalter konstruieren, der statt der Goldfeder einen Metallstift hatte. Mit diesem Halter sollte man vor allem Durchschriften gut anfertigen können.
Gleichzeitig hatte er die Idee, einen Holzhalter mit einer >Tintenzunge< anzufertigen, die beim Eintauchen soviel Tinte aufnahm, dass man mit dieser Menge eine ganze Aktenseite beschriften konnte. Dieser Halter stand unter dem Musterschutz mit dem Namen >Fix<. Der später von dem Greffener Unternehmen auf den Markt gebrachte Füllhalter erhielt den Namen >Rifka<. Begründet lag dieser ungewöhnliche Name in der Tatsache, dass damals (1921 bis 1926) die freiheitliebenden berberischen Rifkabylen im Kampfe gegen Frankreich unter Abd el-Krim und in späteren Einzelaktionen gegen Spanien und Frankreich ihr ungebrochenes Unabhängigkeitsstreben bewiesen. ..
Als Fachmann wurde Wilhelm Wippenhohn aus Bonn gewonnen, der bei der Firma Soennecken gelernt hatte und dann mit seinem älteren Bruder Martin 1922 (hier weichen die Angaben des Autors und der Gebr. Wippenhohn oHG voneinander ab) eine “Rheinisch-Westfälische Füllhalterfabrik” in Bonn eröffnet hatte.”
Der Füllfederhalter genießt unter Liebhabern schönen Schreibgeräts noch immer hohes Renommee.
Gründe für die Firmenaufgabe sind laut den letzten Firmeninhabern, Wilhelm und Ferdinand Wippenhohn, ihr fortgeschrittenes Alter (63 und 67 Jahre), die Tatsache, das saus dem Kreis der Familie kein Nachfolger bereit stand und natürlich auch die veränderte Marktlage als Folge der Verbreitung des Online-Handels.