Wo einst Zechen und Stahlwerke das Ruhrgebiet prägten, entsteht seit fast vier Jahrzehnten eine neue Wirtschaftslandschaft. Das TechnologieZentrumDortmund steht exemplarisch für diesen Wandel – als Inkubator für Innovation, als Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und als Beweis dafür, dass Strukturwandel gelingen kann, wenn Vision auf pragmatische Umsetzung trifft.
Es gibt Orte, die mehr sind als die Summe ihrer Gebäude. Das TechnologieZentrumDortmund ist ein solcher Ort. Seit seiner Gründung 1985 verkörpert es eine Idee, die damals revolutionär war und heute aktueller denn je scheint: dass wirtschaftlicher Wandel nicht schmerzhaft sein muss, sondern gestaltet werden kann – durch gezielte Förderung, intelligente Vernetzung und den Mut, auf Technologie und Wissen als Rohstoffe der Zukunft zu setzen.
Die Anatomie eines Wandels
Was 1985 begann, war mehr als die Eröffnung eines Gründerzentrums. Es war ein Paradigmenwechsel. Während ringsum die Schlote der Schwerindustrie verstummten, entstand in Dortmund ein Ökosystem, das bewusst auf die unsichtbaren Ressourcen der Region setzte: auf Forschungsexzellenz, technisches Know-how und unternehmerischen Geist. Das TZDO wurde zum institutionalisierten Versprechen, dass die Region nicht nur verlieren, sondern auch gewinnen kann.
Heute erstreckt sich dieses Versprechen über 100.000 Quadratmeter an sechs branchenspezifischen Kompetenzzentren, verteilt auf vier Standorte. Über 200 Unternehmen haben hier ihre Heimat gefunden, von frisch gegründeten Start-ups bis zu etablierten Technologieunternehmen. Doch die wahre Dimension zeigt sich in den Zahlen des erweiterten Technologieparks: 300 Unternehmen, 13.500 Beschäftigte – eine kleine Stadt der Innovation, die sich um den Wissenschafts- und Technologiecampus Dortmund gruppiert.
Vom Labor zum Markt: Die Alchemie der Innovation
Die eigentliche Leistung des TZDO liegt nicht in Quadratmetern oder Unternehmensanzahl. Sie liegt in seiner Funktion als Übersetzer – als Instanz, die den oft mühsamen Weg von der Forschung zur Marktreife navigierbar macht. In einer Zeit, in der technologische Innovation zunehmend über Wettbewerbsfähigkeit entscheidet, agiert das TZDO als Katalysator zwischen zwei Welten, die historisch oft nebeneinander her existierten: der akademischen Grundlagenforschung und der marktorientierten Produktentwicklung.
Die räumliche und organisatorische Nähe zur Technischen Universität und Fachhochschule Dortmund sowie zu Forschungsinstituten wie Fraunhofer ist dabei kein Zufall, sondern Programm. Diese Nähe ermöglicht jene produktiven Kollisionen, aus denen Innovation entsteht: wenn Wissenschaftler auf Unternehmer treffen, wenn theoretische Durchbrüche auf praktische Anwendungsfragen stoßen, wenn akademische Exzellenz auf unternehmerischen Pragmatismus trifft.
Spezialisierung als Strategie
Die Ausdifferenzierung in branchenspezifische Kompetenzzentren – vom BioMedizinZentrum über die B1st Software Factory bis zur MST.factory für Mikro- und Nanotechnologie – zeugt von strategischer Weitsicht. Statt beliebig zu wachsen, hat sich das TZDO für fokussierte Exzellenz entschieden. Jedes dieser Zentren bildet ein eigenes Ökosystem mit spezifischer Infrastruktur, Expertise und Netzwerkeffekten.
Diese Spezialisierung schafft kritische Masse: Unternehmen profitieren nicht nur von Räumlichkeiten und Infrastruktur, sondern von der Konzentration branchenspezifischen Wissens, von Synergien mit Nachbarunternehmen und vom Zugang zu spezialisierten Forschungspartnern. Das e-port Dortmund etwa verbindet IT und Logistik – eine Kombination, die in der Tradition der Ruhrgebiets-Logistik wurzelt, aber konsequent in die digitale Zukunft weist.
Infrastruktur des Wandels
Strukturwandel vollzieht sich nicht im luftleeren Raum. Er braucht Infrastruktur – nicht nur physische Gebäude, sondern auch Verkehrsanbindungen, Netzwerke, Beratungsstrukturen. Die H-Bahn-Anbindung des Campus mag technisch unspektakulär erscheinen, symbolisiert aber die Integration des Technologiestandorts in die urbane Infrastruktur der Stadt. Sie macht sichtbar, dass Innovation nicht im Elfenbeinturm stattfindet, sondern Teil des städtischen Lebens ist.
Wichtiger noch sind die unsichtbaren Infrastrukturen: die Beratungsangebote für Gründer, die Netzwerktreffen, die Kontakte zu Investoren, die flexible Gestaltung von Mietverträgen, die es Start-ups erlaubt, zu wachsen ohne existenzielle Risiken einzugehen. Diese weichen Faktoren sind es oft, die über Erfolg oder Scheitern junger Unternehmen entscheiden.
Lehren eines Transformationsprozesses
Fast vier Jahrzehnte nach seiner Gründung bietet das TZDO Anschauungsmaterial für die Mechanismen erfolgreichen Strukturwandels. Drei Prinzipien scheinen dabei zentral:
Erstens: Langfristigkeit. Strukturwandel ist kein Sprint, sondern ein Marathon über Generationen. Das TZDO hat bewiesen, dass kontinuierliche Förderung und geduldiger Aufbau von Netzwerken sich auszahlen.
Zweitens: Vernetzung. Innovation entsteht an Schnittstellen. Die systematische Verbindung von Wissenschaft, Wirtschaft und öffentlicher Hand schafft Synergien, die isolierte Akteure nie erreichen könnten.
Drittens: Fokussierung. Nicht alles für alle, sondern spezifische Exzellenz in ausgewählten Technologiefeldern ermöglicht es, kritische Masse und internationale Sichtbarkeit zu erreichen.
Ausblick: Die Zukunft der Transformation
Das TZDO steht heute vor neuen Herausforderungen. Die Digitalisierung verändert Geschäftsmodelle in rasantem Tempo. Nachhaltigkeitstechnologien gewinnen an Bedeutung. Die Konkurrenz zwischen Innovationsstandorten verschärft sich. Gleichzeitig bieten sich neue Chancen: Die Rolle Dortmunds als einer der führenden KI-Standorte Deutschlands, die wachsende Bedeutung der Biomedizin, die Konvergenz von IT und Produktionstechnologie.
Was vor fast 40 Jahren als Antwort auf den Niedergang der Schwerindustrie begann, ist heute selbst zu einem Motor des Wandels geworden – ein Wandels, der nicht mehr primär vom Verlust des Alten, sondern von der Gestaltung des Neuen geprägt ist. In dieser Verschiebung liegt vielleicht die größte Leistung des TZDO: Es hat geholfen, eine Region neu zu erfinden – nicht durch Verleugnung ihrer industriellen Vergangenheit, sondern durch deren Transformation in eine Zukunft, in der Wissen, Technologie und Innovation die neuen Rohstoffe sind.
Der Wandel vom Stahlrevier zur Innovationsschmiede ist damit nicht abgeschlossen, sondern geht in eine neue Phase. Und das TechnologieZentrumDortmund bleibt, was es seit 1985 war: ein Labor dieses Wandels, ein Beweis seiner Möglichkeit und ein Versprechen seiner Fortsetzung.