Von Ralf Keuper

Am vergangenen Dienstag fand im Denkwerk Herford das dritte OWL Meetup statt. Diesmal ging es um das Thema Blockhain.

Die Blockchain sorgt seit ca. zwei Jahren für Furore. An ihren Einsatz sind große Erwartungen geknüpft. Ihre Einsatzmöglichkeiten erscheinen fast unbegrenzt – vom Banking über die Industrie und Handel bis zur Verwaltung – kein Bereich bleibt davon unberührt. Selbst der Staat kann dadurch, wenn es nach den Vorstellungen einiger Vertreter der Blockchain-Szene geht, ersetzt werden. Die bekannteste Anwendung der Blockchain-Technologie ist die digitale Währung oder Krpytowährung Bitcoin.

Herford und insbesondere das Denkwerk eignen sich insofern in besonderer Weise als Veranstaltungsort, da hier die Bitcoin Deutschland AG und die Bitcoin Group SE ihren Sitz haben. Deren Gründer, Oliver Flaskämper, war einer der Referenten an diesem Abend.

Weiterer Referent war Dieter Rehfeld, Vorsitzender der Geschäftsführung der regioIT mit Hauptsitz in Aachen und weiteren Unternehmenssitz in Gütersloh.

In seinem Vortrag, der inhaltlich im wesentlichen mit dem Vortrag Blockchain – Ausblick auf Bedeutung und weitere Anwendungsmöglichkeiten übereinstimmt, gab Dieter Rehfeld zunächst einen allgemeinen Einstieg in das Thema Blockchain. Darin hob er hervor, dass es sich bei der Blockchain seiner Ansicht nach um eine revolutionäre Technologie handelt, die bereits bestehende Verfahren, wie Kryptografie und das Verteilte Rechnen, in einzigartiger Weise kombiniere. Mit der Blockhain ist es prinzipiell möglich, sog. Intermediäre wie Banken, Börse, (Gross-) Händler oder Energieversorger überflüssig zu machen, d.h. die Blockchain ist dezentral organisiert; es gibt keine zentrale Instanz, die in der Lage wäre, einen dominierenden Einfluss auf die Teilnehmer und Verfahren auszuüben. Ebenso wenig besteht Bedarf an einem Vermittler, der das Vertrauen zwischen den Beteiligten herstellt. Dies übernimmt die Blockchain. Im Idealfall entsteht daraus ein neues Internet, ein Internet of Value oder auch Internet of Trust. Anders jedoch als viele Vertreter einer mehr oder weniger harten Linie, ist Rehberg der Ansicht, dass die Blockchain-Technologie kein Allheilmittel ist. Es handelt sich dabei um eine Infrastruktur, die sich für bestimmte Anwendungsfälle sinnvoll nutzen lässt, wie beispielsweise im Bereich der elektronischen Beglaubigung (Folie 8). Weiteres Beispiel ist die Energieversorgung (Vgl. dazu: Blockchain im Energiesektor – Pilotprojekt RheinlandStrom). Von großer Bedeutung ist die Verwendung der Blockchain-Technologie im Zusammenhang mit der Smart City. Dabei stellt sich die Frage nach dem Eigentum an den Daten, die von öffentlichen Betrieben und den Verwaltungen erzeugt werden. Wie macht man die Daten handelbar, wie lassen sich die Daten so aufbereiten, dass sich von anderen für ihre Zweck und nach Möglichkeit zum Wohle aller verwendet werden können? Wie kann eine Kommune, wie kann ein Nutzer ihre bzw. seine Datensouveränität behaupten; inwieweit kann eine Kommune oder ein öffentlicher Dienstleister dabei unterstützend wirken? Vorstellbar wäre ein Verbraucherzentriertes Datenportal, wie es der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen empfiehlt.

Bei der regioIT bevorzugt man im Gegensatz zu einer öffentlichen die Private Blockchain (Folien 7 und 8).

Der Blockchain bescheinigt Rehfeld großes Zukunftspotenzial, wenn sie mit Augenmaß eingesetzt wird.

Wer sich in das Thema Blockchain einlesen will, dem empfiehlt Dieter Rehberg die Bücher The Science of Blockchain und Blockchain für Dummies.

Oliver Flaskämper stellte die Kryptowährung Bitcoin vor, die immer noch, u.a. wegen ihrer Kurschwankungen, umstritten ist. Flaskämper kann man mit guten Grund als den Bitcoin-Pionier in Deutschland bezeichnen. Als einer der Ersten erkannte er das Potenzial dieser digitalen Währung. Mit seiner Bitcoin Deutschland AG betreibt er den in Deutschland führenden Marktplatz  für den Handel im dieser Währung. Die Abwicklung übernimmt im Hintergrund die Fidor Bank aus München.

Bei Bitcoin handelt es sich laut Flaskämper um ein freies Marktgeld, wie es der Nationalökonom Friedrich August von Hayek konzipierte. Im Idealzustand würde das bedeuten, dass alle Marktteilnehmer frei entscheiden können, in welcher Währung sie wirtschaften wollen. Bitcoin ist die erste Währung, die das ermöglicht.

Wichtige Bestandteile von Bitcoin sind die Public und der Private Key.  Wer den Private Key hat, bekommt den Zugriff auf die Bitcoins, ähnlich einem Schweizer Nummernkonto. Daher sollte man gut auf seinen Private Key achten. Als Anlageform sei Bitcoin, so Flaskämper, nichts für schwache Nerven, wenngleich sich der Kurs über die Jahre insgesamt nach oben entwickelt habe.

Bitcoin ist, anders als das Bargeld, kein anonymes Zahlungsmittel. Es ist pseudo-anonym, .d.h. die Identität des jeweiligen Marktteilnehmer lässt sich – mit einigem Aufwand zwar – feststellen.

Da die Entwicklung auf dem Gebiet der digitalen Währungen rasant verläuft, ist es nicht auszuschließen, dass Bitcoin eines Tages durch eine andere (digitale) Währung ersetzt wird.

Schlussbetrachtung:

Die Blockchain ist eine der interessantesten technologischen Entwicklungen der letzten Jahre. Ihr Potenzial sollte nich unterschätzt, aber auch nicht überschätzt werden. Gleiches gilt für Bitcoin.

Die Blockchain stösst in der Praxis an mehrere fundamentale Grenzen: Zum einen wäre da der enorme Energieverbrauch (Vgl. dazu: Bitcoin Energy Consumption Index und Energiefresser Blockchain). Sollten sich die Blockchain und digitale Währungen durchsetzen, hätte das gravierende Auswirkungen auf die CO2 – Emissionen. Auch bessere Rechenleistungen oder die Verwendung regenerativer Energien werden daran – genannt sei der Rebound – Effekt – wenig bis gar nichts ändern.

Eine weitere Begrenzung kommt dadurch, dass es mit den sog. Mining-Pools schon heute Konzentrationsformen in der Blockchain gibt, die der eigentlichen Philosophie widersprechen (Vgl. dazu: Bitcoin: Die stille Macht der Minengesellschaften). Schon heute sollen chinesische Mining-Pools nahe an die 51 Prozent der Rechenleistung für die Bitcoin-Blockchain heran kommen. Einige gehen sogar davon aus, dass dies bereits der Fall ist. Sollte dem so sein, dann besteht hier ein weiteres Problem, da es durchaus vorstellbar ist, dass die chinesische Regierung die Miner unter ihre Fittiche nimmt und somit großen Einfluss auf die Blockchain und Bitcoin bekommt. Der Hinweis darauf, dass kein Akteur ein Interesse daran haben könnte, Bitcoin zu manipulieren, da damit die eigenen Investitionen, die mehrere Milliarden Euro betragen, vernichtet würden, ist nicht überzeugend, da ein großer Staat den Verlust einiger, auch zig Milliarden verschmerzen kann, wenn er damit seine übergeordneten geopolitischen Interessen stärken kann. Ebenso wenig überzeugend ist der Einwand, dass in einem solchen Fall, ein andere Kryptowährung an die Stelle von Bitcoin tritt. Ist das Vertrauen in eine, noch dazu in die mit Abstand führende Währung erst einmal erschüttert, sind alle andere Kryptowährungen mit verbrannt; von der Panik in der Bevölkerung ganz zu schweigen. Dagegen ist jeder Börsencrash, jede Finanzkrise nur ein laues Lüftchen – es wäre eine Kernschmelze.

Weiterer Schwachpunkt ist die Tatsache, dass die Blockchain, dadurch, dass sie nicht anonym ist, große Überwachungsmöglichkeiten für staatliche und andere Stellen bietet, wie selbst einer der größten Bitcoin-Enthusiasten, Marc Andreessen, zu bedenken gibt.

Wenn jemand glaubt, dass Bitcoin Transaktionen einfacher macht, die nicht von der Regierung überwacht werden können, liegt er hundertprozentig daneben. Alle Transaktionen finden in der Öffentlichkeit statt. Jeder kann sich das gesamte Hauptbuch ansehen und verifizieren, wem das gehört. Wenn Sie also eine Polizeibehörde sind oder ein Nachrichtendienst, können Sie auf diesem Weg viel einfacher den Geldfluss nachvollziehen als beim Bargeld. Insofern erwarte ich, dass die Polizei und die Nachrichtendienste letztlich für Bitcoin sein werden und die Libertären letztlich gegen Bitcoin. (in: Wirtschaftswelt der Zukunft).

Das sollte man im Hinterkopf behalten.

Wie bereits erwähnt, hat die Blockchain großes Potenzial. Damit sie aber ihre Wirkung bestmöglich entfalten kann, muss sie erst noch entmystifiziert und von ihrem ideologischen Ballast befreit werden. Die Blockchain braucht ein kontrolliertes Umfeld, wie eine Private Blockchain. Sie ist kein Zweck in sich, d.h. man kann sie nicht sich selbst oder Algorithmen überlassen.

Besten Dank an die Veranstalter und Referenten, dass sie dieses überaus wichtige Thema nach Ostwestfalen gebracht haben!

Von Rolevinck

Ein Gedanke zu „Zu Besuch beim #OWL Meetup Blockchain im Denkwerk (Herford)“

Schreibe einen Kommentar