Westfalen sind für ihre Bodenständigkeit bekannt. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Beschäftigung mit theoretischen Fragen und Überlegungen keinen Raum hat; insbesondere dann, wenn sich die Ergebnisse der Gedankenarbeit mit der Praxis verbinden lassen. Für diese Kombination ist Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer (Foto), Deutschlands Informatik-Pionier, ein Paradebeispiel. Der gebürtige Lübbecker hat mit der IDS Scheer AG das zeitweise drittgrößte Softwareunternehmen Deutschlands aufgebaut. Daneben war er über Jahrzehnte als Universitätsprofessor in seiner Wahlheimat Saarbrücken tätig. Im Gespräch mit Westfalenlob spricht der Unternehmer (Scheer Group), Forscher und Musiker darüber, was ihn heute noch mit Ostwestfalen verbindet, wie er die wirtschaftliche und technologische Entwicklung der Region wahrnimmt und wann es ihn wieder mal nach OWL verschlägt.
- Herr Prof. Dr. Scheer, Sie leben seit Jahrzehnten im Saarland – was verbindet Sie noch mit Westfalen bzw. Ostwestfalen?
Ich besitze in meinem früheren Elternhaus in Lübbecke ein kleines Apartment und besuche es drei- bis viermal im Jahr, um mich mit Schulfreunden zu treffen und im Wiehengebirge zu wandern. Über die emotionale Verbindung hinaus verfolge ich mit Interesse die positive wirtschaftliche Entwicklung der Region.
- In den letzten Jahren ist die Region Ostwestfalen-Lippe, u.a. durch die Smart FactoryOWL in Lemgo und it’s OWL in Paderborn, als Technologiestandort in den Blickpunkt gerückt – wie nehmen Sie die Entwicklung wahr?
Ich war Mitglied des Beirats des Heinz Nixdorf Instituts an der Uni in Paderborn und kenne die Erfolgsstory von OWL aus eigener Anschauung recht gut. Neben der guten Forschung imponieren mir in OWL die zahlreichen Unternehmen als Hidden Champions, mit denen ich auch zum Teil zusammenarbeiten durfte. Hier zeigt sich bei den inhabergeführten Unternehmen eine hohe Bereitschaft, sich mit neuen Technologien zu beschäftigen und die direkten Entscheidungswege zu ihrer Umsetzung zu nutzen. So werden die Vorteile einer mittelständischen Unternehmensstruktur der Region deutlich.
- Mit einem Weltmarktanteil in der elektrischen Verbindungstechnik von 75 Prozent sind die hiesigen Unternehmen (Phoenix Contact, Wago, Harting, Beckhoff, Weidmüller) eigentlich bestens für die Industrie 4.0 bzw. M2M-Kommunikation aufgestellt. Könnte Ostwestfalen so etwas wie eine Pilotregion für die Unternehmung 4.0, wie Sie es in Ihrem aktuellen Buch beschrieben haben, werden?
Wenn man die Ausstellungsstände auf der HMI in Hannover besucht, weiß man, dass bei dem Erfolg des Themas Industrie 4.0 diese Unternehmen sehr ernst genommen werden müssen. Insbesondere mit dem Unternehmen Harting bin ich seit Jahrzehnten fachlich verbunden. Die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen mit der Forschung ist hervorragend. Dies zeigen die vielen Verbundprojekte sowie die Auszeichnung durch die vielen Kompetenzzentren.
- Sie sind auch als Saxophonist gefragt – führt Sie Ihr Weg hin und wieder in die Region – wie schätzen Sie die Musikszene in Ostwestfalen ein?
Ich habe sowohl in Lübbecke, Paderborn, Minden und Münster mehrfach mit meinen und lokalen Bands gespielt. Die Musikszene ist in OWL nach meiner Beobachtung sehr aktiv und wird von ehrenamtlichen Organisatoren beeindruckend unterstützt.
- Wann sind Sie das nächste Mal wieder in der Region?
Ich war gerade anlässlich der CeBIT in Lübbecke und meine nächsten Vortragstermine sind im Herbst in Bielefeld. Ich komme gerne in diese Region. Sie ist nicht nur meine Heimat, sondern hat eine hohe landschaftliche Lebensqualität, und ich mag die Zuverlässigkeit und Aufgeschlossenheit des Menschenschlags.