Von Ralf Keuper 

Mit ihrer neuesten Studie zur Bevölkerungsentwicklung hat die Bertelsmann-Stiftung in einigen Redaktionsstuben für Verwirrung und Nachdenken gesorgt, wie z.B. bei den Ruhrnachrichten. Während die meisten Redaktionen im Land die Zahlen unwidersprochen übernehmen und wiedergeben, hat sich Oliver Volmerich in dem Beitrag Rätsel um Bevölkerungsentwicklung in Dortmund einfach mal die letzten Zahlen der Bevölkerungsentwicklung des Landesamtes für Statistik für Dortmund vorgenommen und dabei eine Lücke oder sagen wir, unterschiedliche Methoden und Interpretationen festgestellt:

Rätselhaft ist vor diesem Hintergrund, warum für 2015 eine Bevölkerungszahl von 571.510 genannt wird – entgegen dem tatsächlich positiven Trend der vergangenen Jahre 530 Menschen weniger als 2012. Nach Auskunft der Stiftung beruht diese Zahl auf einer Prognose, weil für 2015 (logischerweise) noch keine amtlichen Zahlen vorliegen. … Wie die Experten des Landes gehen auch die Statistiker der Stadt davon aus, dass Dortmund in absehbarer Zeit wieder mehr als 600.000 Einwohner hat. … Die Prognose der Bertelsmann-Stiftung geht von einem geringeren Effekt der Zuwanderung nach Dortmund aus. Dort blickt man vor allem auf die negative natürliche Bevölkerungsentwicklung, also auf die Tatsache, dass mehr Menschen sterben als geboren werden.Warum allerdings der amtlich festgestellte Zuwachs der letzten Jahre nicht in die Prognose eingeflossen sind, bleibt unklar.

Auf diesem Blog habe ich auf das Phänomen, nicht nur was die Zahlen für Dortmund angeht, in dem Beitrag Kreative Statistik: Bevölkerung in Westfalen sinkt bis 2040 um knapp fünf Prozent aufmerksam gemacht.

Statt Zahlen der diversen Institute und Stiftungen einfach nur abzudrucken und dann Kommentare dazu verfassen, welche die Richtigkeit bzw. Objektivität als gegeben hinnehmen, sollten sich die Zeitungen etwas Zeit für das kritische Hinterfragen nehmen, wie es Oliver Volmerich am Beispiel von Dortmund gemacht hat. Dafür braucht man keine besonders tief reichenden Statistik-Kenntnisse. Die Tatsache, dass die Zeitungen derzeit einen Vertrauensverlust von nie dagewesenem Ausmaß erleben, ist auch darauf zurückzuführen, dass diese kritische Distanz verloren gegangen ist.

Als Wiederaufbereitungsanlage für PR-Meldungen benötigen wir keinen Journalismus mehr, zumindest keinen, für den Geld zu verlangen sich rechtfertigen ließe.

Weitere Informationen:

Keine Großstadt in NRW wächst so schnell wie Bielefeld

Prognose: Paderborn und Bielefeld wachsen weiter

 

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