Von Ralf Keuper
Dass ein profaner Gegenstand wie eine Türklinke zu ästhetischen Betrachtungen Anlass geben kann, die wiederum eine Bibliothek füllen können, beweist seit Jahrzehnten die Franz Schneider Brakel GmbH – kurz: FSB.
Mit ihren Klinken-Geschichten hat FSB in der Werbung Maßstäbe gesetzt:
Von der Elite der deutschen Werbung – in Form des Art Directors Clubs für Deutschland (ADC) – wurde mit Staunen verfolgt, wie ein bis dahin völlig unbekannter Hersteller eines anonymen Allerweltsproduktes unter Außerachtlassung eherner Reklame-Regeln versuchte, mit textlastigen Drittelseiten allwöchentlich auf sich und seine Produkte aufmerksam zu machen. Der unbekannte Abweichler von der Norm wurde zu einem Trendsetter. Schon in der ersten Werbepause nach 24 Anzeigen protestierten die Leser der ausgewählten Werbeträger und wollten wissen, wann es weiter gehe. Unsere kurzen Essays waren zum Aufmacher der Blätter aufgestiegen.
Mittlerweile gibt es auch den Klinken-Comic.
Vor einigen Jahren widmete das Wirtschaftsmagazin brand eins dem ungewöhnlichen Unternehmen aus Ostwestfalen den Beitrag Klinke ante portas.
Daraus ein Zitat:
Dass FSB als Produzent eines im Prinzip doch recht simplen Gebrauchsgegenstands mit den Jahren eher als Kunst- denn als Türklinkenschmiede in die Annalen der deutschen Mittelstandsgeschichte eingegangen ist, mag auch am hiesigen Umfeld gelegen haben. Der allgemeine Gebrauch und Nutzen von Türgriffen muss im deutschen Markt ja nicht wirklich erklärt werden so etwas wie den funktionell zurückgebliebenen Türknauf kennt der deutsche Öffner schließlich nicht. Vielmehr ist hierzulande am häufigsten eine Klinke anzutreffen, die so funktionell ist, dass sie dank ihrer U-Form sowohl Pferdegeschirr im Stall als auch Arztkittel im Krankenhaus vor dem Einfädeln und Hängenbleiben bewahrt. Für ein Volk mit so viel Sinn fürs Praktische fand Braun ein wirksameres Unterscheidungsmerkmal als die Funktion: die Form.
Auch darüber hinaus ist FSB bestrebt, die Diskussion über den Beitrag, den Design für eine aufgeklärte Gesellschaft leisten kann und muss, zu fördern. So hat FSB eine Neuauflage der Filme aus der edition disegno herausgegeben, wofür sich stellvertretend für viele andere, René Spitz in einem Vortrag bedankte.
Lobens- und erwähnenswert ist auch der FSB-Blog.
Von wegen Provinz 😉