Jörg Rodehutskors (IHK Bielefeld)

Die Region Ostwestfalen-Lippe (OWL) ist in den letzten Jahren, nicht zuletzt durch den Spitzencluster it’s OWL, die Smart Factory OWL in Lemgo und CITEC in Bielefeld, als wichtiger Technologiestandort bundesweit bekannt(er) geworden. Um auch weiterhin am Puls der Zeit zu sein, wird an vielen Stellen in der Region die aktuelle Entwicklung aufmerksam verfolgt, wie im Bereich der Blockchain-Technologie. Beispielhaft dafür ist der Arbeitskreis Blockchain und Smart Contracts, der gemeinsam von der IHK Bielefeld und der FH Bielefeld angeboten wird. Einer der Initiatoren ist Jörg Rodehutskors (Foto), Referent für Technologie und Innovation bei der IHK Bielefeld. Im Gespräch mit Westfalenlob erläutert er, warum die Region OWL wie geschaffen für die Blockchain-Technologie ist und welche Vorteile die Blockchain-Technologie generell für Unternehmen und Privatpersonen eröffnet. Am 27. August richtet die IHK Bielefeld den 10. Ostwestfälischen Innovationskongress: „Internet der Werte – Anwendungen und Potenziale der Blockchain-Technologie“ aus.  

  • Herr Rodehutskors: Was ist Ihre Aufgabe bei der IHK?

Ich bin Referent für Technologie und Innovation. Sie müssen sich meine tägliche Arbeit so vorstellen: Ich lebe in der Welt zwischen Wirtschaft und Wissenschaft und bringe diese beiden Welten zueinander. D.h. ich nehme Bedarfe aus der Wirtschaft auf und versuche diese individuellen Fragestellungen über wissenschaftliche Expertise zu beantworten. Gleicherweise trage ich Neuentwicklungen sowohl technischer also auch nicht technischer Art aus den Hochschulen in Form von z.B. Prototypen in die Wirtschaft. Sehen Sie mich als den externen Projektentwickler für beide Seiten.

  • Welche Technologien stehen momentan bei Ihnen „unter Beobachtung“?

Aktuell dreht es sich zu 95 % um Digitalisierungsthemen. Hier sind es technologische Themen, wie der Einsatz der Blockchain Technologie für Unternehmensprozesse, Assistenzsysteme in der Produktion oder im Marketing, oder  die intelligente Produktion. Aber auch zugehörige Managementthemen wie Change, Führung, Innovation, Unternehmenskultur, Projektmanagement oder Systems Engineering sind Teil unseres Beratungsangebotes.

  • Zusammen mit Prof. Dr. Lenz von der FH Bielefeld haben Sie den Arbeitskreis Blockchain und Smart Contracts ins Leben gerufen. Was war Ihre Motivation, warum ist das Thema so wichtig?

Diese Projektgruppe aus Wissenschaft und Wirtschaft hat zum Ziel, die Technologie Blockchain zu verstehen und ein Verständnis für die Beteiligten zu schaffen, wie diese Technologie sinnvoll auf Unternehmensprozesse angewendet bzw. übertragen werden kann. Die Gruppe ist bunt gemischt, es sind unterschiedlichste Branchen und Disziplinen vertreten. Grundsätzlich interessiert uns hierbei weniger die medial verbreitete Kryptowährung, eher die Ansätze der Smart Contracts. Wir haben das Potenzial der Blockchain erkannt und möchten die Unternehmerschaft der Region OWL für den Einsatz sensibilisieren und entsprechend qualifizieren.

  • Könnte Ostwestfalen mit seiner großen Anzahl an Hidden Champions eine Modellregion für die Anwendung der Blockchain werden. Ist das Startup-Ökosystem in und um Bielefeld darauf vorbereitet?

Ja, gerade OWL hat das Potenzial, eine Modellregion in diesem Bereich zu werden. Vor dem Hintergrund des Internet of Things (IoT) kann OWL ein Leuchtturm sein. Die zig Milliarden „Dinge“, die demnächst über das IoT verknüpft sein werden, müssen aber immer noch hergestellt werden. Denn virtuell werden wir unsere Wäsche nicht waschen, unsere Felder nicht bestellen, oder unser Wasser nicht aus virtuellen Gläsern trinken können. Diese müssen nach wie vor physikalisch vorhanden sein. Ja, diese „Dinge“ werden vernetzt sein, aber haptisch greifbar und somit müssen diese „Dinge“ auch noch produziert werden. Dies kann OWL wie wenig andere Regionen mit Ihren zahlreichen hochtechnisierten Mittelstandsunternehmen. Wenn diese Dinge dann produziert und intelligent vernetzt sind, ist z.B. der Weg zur direkten Abrechnung dieser „Dinge“ untereinander nicht mehr weit und genau hier sehen wir ein enormes Potenzial für die Blockchain Technologie. OWL – Produktion – IoT – Blockchain – Business

  • Welche Rolle könnten dabei die Universitäten und Forschungsinstitute innerhalb und außerhalb der Region übernehmen? Gibt es  schon gemeinsame Projekte?

Die Hochschulen und Forschungsinstitute sind wichtige Know how Träger und Partner im Entwicklungsprozess. Insbesondere im Bereich IoT sind die regionalen Hochschulen sehr gut aufgestellt und die Transferarbeit Richtung Wirtschaft durch zahlreiche Kooperationsprojekte mit den regionalen Unternehmen gewohnt. Aus den angesprochenen Technologieansätzen ergeben sich zudem teilweise bis gänzlich neue Geschäftsmodelle, zu deren Entwicklung die regionalen Hochschulen hilfreiche Methoden und Systematiken erarbeitet haben und aktiv in die Umsetzung ins Unternehmen bringen.

  • Um ein Gegengewicht zu den großen Datenmonopolen bzw. -oligopolen wie Google, facebook und Amazon zu schaffen, plädieren einige für die Gründung sog. Datengenossenschaften. Ein zukunftsfähiger Ansatz?

Der dahinter stehende Gedanke, wieder Herr der eigenen Daten zu sein, ist gut, richtig und vor dem Hintergrund einer zu schützenden Privatsphäre unbedingt anzustreben. Der Ansatz ist über die Blockchain Technologie auch realisierbar. Ein jeder Genosse könnte bestimmen, wer die Daten für wie lange und zu welchem Zweck erhält und weiter direkt für die Nutzung der Daten entlohnt werden. Zudem entsteht so ein Kontrollgremium, welches FakeNews oder CyberMobbing erkennen und ausschließen  kann. Datengenossenschaften können eine Art einer kontrollierten und gerechten Netzökonomie sein.

  • Im August richtet die IHK eine Blockchain-Konferenz aus. Was dürfen die Teilnehmer erwarten?

Ja, wir möchten uns dem Thema neben der erwähnten Projektgruppe auch über Informationsveranstaltungen für jedermann nähern. An diesem Tage, dem 27.08.18 ab 09:00 Uhr in der IHK in Bielefeld, Sie sind herzlich eingeladen, sprechen wir über Grundlagen, zeigen theoretische Ansätze und erklären Einsatzmöglichkeiten über ganz konkrete use cases in Unternehmen. Wir freuen uns sehr, dass wir aus der Wissenschaft Herrn Prof. Dr. Ittner vom Blockchain Competence Center Mittweida oder den Vizepräsidenten und Head of Blockchain Herrn Thorsten Zube von SAP als Sprecher gewinnen konnten. Weiter freuen wir uns, dass die Themen „Neue Geschäftsmodelle durch die Blockchain“ (Sven Laepple, astratum), „Möglichkeiten des Einsatzes im IoT Umfeld“ (Didier Goepfert, Streamr Network AG), das oben angesprochene Thema der „Datensouveränität“ (Hannes Bauer, idento.one) und „Digitale Rechte- und Lizenzverwaltung“ (Olaf Weicker, creations media) mit konkreten Ansätzen beleuchten. Abgerundet wird der Tag dann noch durch die Vorstellung der Projektgruppe Blockchain und die entsprechenden Beteiligungsmöglichkeiten durch Prof. Dr. Rainer Lenz. Weitere Info auf www.owikon.de

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit diesen verschiedenen Ansätzen der Sensibilisierung und Qualifizierung, sowie durch das Forcieren der Zusammenarbeit Wirtschaft – Wissenschaft einen wesentlichen Teil zur zukunftsfähigen und erfolgreichen Entwicklung der Region OWL beitragen.

  • Herr Rodehutskors, vielen Dank für das Gespräch!

Auch ich möchte mich herzlich für das Gespräch bedanken.

Von Rolevinck

Schreibe einen Kommentar