Von Ralf Keuper

Die Informatik ist aus dem heutigen Wissenschaftsbetrieb nicht mehr wegzudenken. Zu wichtig scheint diese Disziplin für das Wohl der Volks- und Weltwirtschaft zu sein, als dass man es sich leisten könnte, auf ihre Dienste zu verzichten. Friedrich L. Bauer verfasste dazu eine zwar sperrige, jedoch informative Kurze Geschichte der Informatik.

Nach dem 2. Weltkrieg begann der langsame, aber stetige Siegeszug der Informatik – auch in Westfalen. An den Universitäten Dortmund und Paderborn entstanden in diesem Zeitraum die ersten und nach wie vor größten Informatik-Fakultäten Westfalens. Das erklärt in weiten Teilen die außergewöhnlich hohe Anzahl an IT-Unternehmen beider Städte. Seitdem sind aus Westfalen einige namhafte Informatiker hervorgegangen, von denen nicht wenige den Schritt in die Selbständigkeit gewagt haben.

Der wohl mit Abstand bekannteste und erfolgreichste Informatiker und IT-Unternehmer aus Westfalen ist August-Wilhlem Scheer, Gründer der IDS Scheer AG und heutiger Chef der Scheer-Group.

Für ihre Forschungen zur Theoretischen Informatik erhielten im Jahr 1992 Burkhard Monien und Friedhelm Meyer auf der Heide von der Universität Paderborn den Leibniz-Preis. Weitere bekannte Informatiker der Uni Paderborn sind Gregor Engels und Reinhard Keil.

Der aus Dortmund stammende Heinz Gumin leitete die Softwareentwicklung für den ersten serienmäßig gefertigten Digitalrechner von Siemens. Später  war er als Vorstand der Siemens AG für den Unternehmensbereich Datentechnik zuständig.

Im Jahr 1997 gründete Volker Gruhn in Dortmund die adesso AG, die heute über 10.000 Mitarbeiter zählt. Derzeit lehrt Prof. Dr. Gruhn Informatik an der Universität Duisburg-Essen.

Kai Krause hat mit seinen Grafikprogrammen ein Stück Informatik-Geschichte geschrieben. Im Jahr 2005 zeichnete ihn die DEMO-Konferenz als einen der Top-Innovatoren der letzten 15 Jahre aus.

Erich Hüttenhain war ein bedeutender Kryptoanalytiker. Hans-Wilhelm Schüßler hat sich große Verdienste in der digitalen Signaltechik erworben.

Peter Liggesmeyer ist ein führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Softwaretests und der Softwareverifikation. Darüber hinaus ist er wissenschaftlicher Leiter des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering in Kaiserslautern. Außerdem ist der Präsident der Gesellschaft für Informatik.

Nach Ansicht von Achim Clausing hielt Heinrich Scholz, der in engem Kontakt zu Alan Turing stand, an der Universität Münster die weltweit erste Informatik-Vorlesung.

Mit seinem Lehrbuch der Softwaretechnik hat Helmut Balzert, der seit Jahren an der Ruhr-Universität Bochum lehrt, ein Standardwerk der Informatik geschaffen.

Ein bekannter Wirtschaftsinformatiker ist Matthias Schumann.

Anja Feldmann ist seit 2010 Dekanin der Fakultät für Elektrotechnik und Informatik an der TU Berlin. Seit 2012 ist sie Mitglied im Aufsichtsrat der SAP AG.

Bernhard Korte gründete das Arithmeum in Bonn, wofür er selbst zahlreiche Rechenmaschinen als Ausstellungsstücke zur Verfügung stellte.

Der Vater des Computerwissenschaftlers Stephen Wolfram, Hugo Wolfram, wurde 1925 in Bochum geboren. Im Jahr 1933 flüchtete die Familie vor den Nazis nach England.

Ebenfalls vor den Nazis musste mit ihren Eltern Vera Buchtal nach England flüchten, die in 1933 in Dortmund geboren wurde. Im Jahr 1951 wurde sie britische Bürgerin. Fortan nannte sie sich Stephanie Brook. Seit ihrer Heirat heißt sie Stephanie Shirley.

Im selben Jahr trat sie einen Job als Hilfskraft im Forschungsinstitut der Post im Norden von London an. Ein Kollege war der Ingenieur Tommy Flowers; er schuf im Zweiten Weltkrieg den Elektronenrechner Colossus zum Knacken deutscher Geheimcodes, was er keinem erzählen durfte. Stephanie Brook wirkte unter anderem am Bau des elektronischen Zufallsgenerators ERNIE mit, der die Gewinnzahlen der englischen Sparkassenlotterie ermittelte. Neben der Arbeit studierte sie Mathematik und erwarb den Bachelor. 1957 war sie Gründungsmitglied der British Computer Society[1]DAS MÄDCHEN VOM KINDERTRANSPORT.

Im Jahr 1961 gründete sie ihr eigenes Unternehmen: Freelance Programmers. Das Unternehmen firmierte später als F International (FI Group).

1977 setzte F International mehr als eine Million Pfund um, die Zehn-Millionen-Grenze fiel 1987. Schon 1981 beteiligte Stephanie Shirley die Belegschaft an der Firma. Als die FI Group – 1988 gab es einen weiteren Namenswechsel – im Jahr 1996 an die Börse ging, hielten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Hälfte des Aktienkapitals; rund siebzig von ihnen wurden Millionäre. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Stephanie Shirley aus dem Unternehmen zurückgezogen. Von 1993 bis 2003 wurde es von Hilary Cropper geleitet. Sie steigerte den Jahresumsatz auf 450 Millionen Pfund

Weitere Informationen:

Softwareindustrie in Westfalen

“Informatik verändert alle Lebensbereiche” Peter Liggesmeyer im Gespräch mit Jörg Biesler

References

Ein Gedanke zu „Westfälische Informatiker und Informatikerinnen“

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