An erster Stelle in der Rangordnung der Speisenkarte steht nach wie vor der westfälische Schinken. Er hat alte Rechte auf diesen Platz, der ihm auch nie streitig gemacht worden ist. Heinrich Heine hat das Münsterland mit freundlicher Ironie das “Vaterland der Schinken” genannt. Diese Charakterisierung mag den Kern der Sache treffen. Der Schinkenruhm Westfalens ist uralt. Als die Stadt Dortmund dem Kaiser Sigismund (1410 bis 1437) ein Geschenk machen wollte, entschied sie sich für zwölf Schinken, und der Kaiser soll sich über das gewichtige Geschenk mehr gefreut haben als über eine goldene Schale, die ihm die Stadt Köln verehrte. Aus den Aktien des Thurn- und -Taxischen Archivs in Regensburg ist zu entnehmen, dass der Fürst von Thurn und Taxis, der Reichserbgeneralpostmeister, jährlich zwei Dutzend Schinken aus Westfalen bezog. Das kaiserliche Reichspostamt Münster musste sie ihm liefern. Sie kosteten im Jahre 1772 rund 44 Taler, jeder Schinken also nicht mehr als sechs Mark. Und als in der Napoleonzeit aus dem kaiserlichen Reichspostamt ein Großherzogliche-Bergisches Postamt geworden war, wurde aus dieser Schinkenbestellung eine Schinkenpflicht. Der Erzkanzler des Rheinbundes, Freiherr von Dalberg in Frankfurt, der sich als Nachfolger des Reichserbgeneralpostmeisters betrachtete, bestand darauf, dass der Großherzog von Berg, dem der größte Teil Westfalens mit Münster unterstand, nun ihm die zwei Dutzend Schinken jährlich zu liefern habe, und zwar gratis und franco. Er hat sie erhalten. Sein Geschmack scheint besser gewesen zu sein als seine Methode.

Quelle: Josef Bergenthal “Das Vaterland der Schinken”, in: Typisch westfälisch, hrsg. von Rainer Schepper

Von Rolevinck

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