Von Ralf Keuper
In der Wirtschaftsgeschichte sind große Konzerne häufig das bevorzugte Untersuchungsobjekt. Kleine und mittelständische Betriebe gehen dagegen nur allzu oft in der Statistik unter. Von daher ist es lobenswert, dass die Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte das Buch Vom Windmühlenflügel zum Turbinenpropeller. Geschichte der Firma Drees & Co. GmbH in ihre renommierte von Karl-Peter Ellerbrock herausgegebene Reihe Kleine Schriften aufgenommen hat.
Das Unternehmen existierte von 1894-1987 in Werl. Seine eigentliche Blüte erlebte Drees & Co. in den 1920er Jahren unter Caspar Egon Drees, der im Jahr 1925 im Alter von nur 44 Jahren verstarb. Als vorausschauend und für die weiteren Jahrzehnte richtungsweisend zeigte sich die Entscheidung von Caspar Drees, in den Turbinenbau einzusteigen.
Weitsichtig war dieser Schritt, weil er frühzeitig eine sich eben erst entwickelnde Tendenz zur Energienutzung mit höheren Wirkungsgraden und der Bändigung von Fallhöhen und Wassermengen kommen sah, die mit dem an seine Grenzen gekommenen Einsatz von Wasserrädern nicht genutzt werden konnten. Und weil mit dieser Produktion Beschäftigung für alle Betriebsteile zu sichern war: Modellbau für die Schreinerei, der Guss von Turbinengehäusen, Krümmern, Laufrädern für die Gießerei, die Bearbeitung der Gussteile für die Dreherei und schließlich die Montage für die Schlosser des Unternehmens. Immerhin knapp über 50 Turbinenaufträge hat Caspar Drees bis in die ersten Monate des Jahres 1925 hereingeholt und ausgeliefert.
In späteren Jahren kooperierte Drees u.a. mit der im Turbinenbau noch heute weltweit aktiven Voith-Gruppe aus Heidenheim sowie mit Brown Boveri und Siemens. Viele Mitarbeiter fanden bei Voith eine Anstellung. Ein Verkaufsschlager, seiner Zeit jedoch voraus, waren die Kleinkraftwerke, die in Pakistan und Indien während der 1950er auf rege Nachfrage stießen, bis die fallenden Ölpreise diese Form der Energieversorgung unrentabel machten.
Um die Mitte der 1950er Jahre entwickelte Drees .. ein komplettes Kleinkraftwerk, bei dem Generator, Regler und ein Schalttafel direkt auf einer Spiralturbine aufmontiert und mit einem Gehäuse nach Art einer Litfaßsäule umhüllt waren. Auch die Eisenträger zum Aufsetzen der Anlage auf ein Betonfundament waren Teil der Einheit. So bedurfte es nur der Errichtung eines einfachen Bauwerks, einer Rohrleitung für die Wasserzufuhr und eines Ablaufgrabens unterhalb der Turbine. Die Anlage benötigte keine ständige Überwachung oder gar Bedienung; ein gelegentlicher Blick, vor allem auf die elektrische Installation, reichte im Regelfall aus.
In den 1960er Jahren setzt der schleichende Niedergang des Unternehmen ein. Die Gründe dafür sind, wie so oft, vielfältiger Natur. Zum einen ließ der Standort des Unternehmens im Ortsinneren kaum noch Raum für Erweiterungen, das Firmengebäude befand sich mittlerweile in einem Wohngebiet, zum anderen war die Liquidität die meiste Zeit angespannt, das Eigenkapital zu gering, um größere Investitionen durchführen zu können, die Aufnahme von langfristigem Fremdkapital wurde erst spät, wie sich herausstellen sollte zu spät, in Erwägung gezogen.
Ein wichtiges und lehrreiches Stück westfälische Wirtschaftsgeschichte.