Von Ralf Keuper
Lässt sich die Identifikation innerhalb einer Region mit dem Instrumentarium des Marketing verstärken oder überhaupt herbei führen? Kann die Anziehungskraft einer Region auf Außenstehende durch gezielte Werbemaßnahmen und Kommunikationsstrategien erhöht werden? Kurzum: Ergibt es Sinn, Westfalen als Marke zu positionieren?
Die Westfalen-Initiative scheint jedenfalls dieser Ansicht zu sein. Bereits vor einigen Jahren gab sie die Schrift Marke Westfalen heraus. Darin kamen die Autoren Heribert Meffert und Christian Ebert zu einem eher durchwachsenen Ergebnis. Zum Vorgehen heisst es u.a. in dem Kapitel Tragfähigkeit des Begriffs „Westfalen“ als Identifikationsgrundlage:
Die Tragfähigkeit des Begriffes „Westfalen“ zur Profilierung der Region im Wettbewerbsumfeld erfordert eine hohe Verbundenheit der Bewohner mit ihrer Region. Zur Überprüfung dieses Identifikationsankers wurden den Westfalen verschiedene räumliche Bezugsebenen zur Beurteilung als Identifikationsbasis vorgelegt. Die diesbezügliche Auswertung erfolgte dabei zunächst über alle Befragten der Region Westfalen sowie zusätzlich differenziert nach soziodemografischen Kriterien.
Schon kurz darauf gelangen die Autoren zu der Feststellung:
Es kann festgehalten werden, dass auf Basis der obigen Ergebnisse die Region Westfalen einen relativ schwachen Identifikationsanker für seine Bewohner bildet. Da eine gemeinsame regionale Identität als Grundlage für die Markenprofilierung angesehen werden kann, sind insbesondere die Differenzen in Bezug auf die untergeordnete Subregion bzw. das übergeordnete Bundesland als kritisch zu beurteilen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Westfalen als Marke eine wenig tragfähige Basis für ein Regionenmarketing ist.
Dieser Befund bleibt auf den folgenden Seiten in seinem Kern bestehen. Er gilt wohl noch immer.
Heute nun berichtet die Tageszeitung die Glocke in Westfalen will eigene Marke werden von einem neuerlichen Versuch der Westfalen-Initiative. In dem Beitrag wird der Vorsitzende des Vereins, Peter Paziorek, zitiert, der angesichts der Tatsache, dass die westfälischen Teilregionen bereits eifrig in eigener Sache Regionalmarketing betreiben, die Chancen für die Etablierung einer Dachmarke Westfalen nicht allzu hoch einschätzt. Als Beispiel erwähnt er It’s OWL.
Schon die Droste hob in ihren Bildern aus Westfalen die Besonderheiten der Region hervor, die einer Identifikation mittels Dachmarke Grenzen setzt:
Wenn wir von Westfalen reden, so begreifen wir darunter einen großen, sehr verschiedenen Landstrich, verschieden nicht nur den weit auseinanderliegenden Stammwurzeln seiner Bevölkerung nach, sondern auch in allem, was die Physiognomie des Landes bildet oder wesentlich darauf zurückwirkt, in Klima, Naturform, Erwerbsquellen und, als Folge dessen, in Kultur, Sitten Charakter und selbst Körperbildung seiner Bewohner: daher möchten wohl wenige Teile unseres Deutschlands einer so vielseitigen Beleuchtung bedürfen.
Der überzeugendste Versuch, Westfalen als Ganzes zu fassen, stammt m.E. noch immer von Wilhelm Müller-Wille; und zwar aus seinem Buch Westfalen. Landschaftliche Ordnung und Bindung eines Landes.
Das Land Westfalen als anthropogeografischer Raum ist somit nur als ein bestimmtes Geflecht von Kulturlandschaften zu verstehen. Dieses ist natürlich nicht für alle Zeiten festgelegt; es ist – wie alles Menschliche – historisch wandelbar. Inhalt, Form, Beziehung und Umfang eines Landes müssen daher jeweils neu bestimmt und gedeutet werden; dabei sind vor allem jene kulturlandschaftlichen Elemente ausfindig zu machen, die die einzelnen Landschaften verknüpfen und das jeweilige Beziehungsgeflecht tragen. Schließlich gewinnt man durch das Studium der Kulturlandschaft eine konkretere Vorstellung vom Menschen selbst. .. Dem Einzelnen oft unbewusst, prägt sie den Bewohner und macht ihn zum >Kind seiner Heimat<. Wer also den Menschen in Westfalen verstehen will, muss seine Kulturlandschaften kennen: nur von ihnen und mit ihnen sind die Bewohner in ihrer Eigenart zu begreifen.
Weitere Informationen:
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Marke Westfalen: Westfalen ist nicht mehr wichtig