Von Ralf Keuper

Die Benteler AG ist zugleich eines der unbekanntesten und größten Familienunternehmen Westfalens. Mit ca. 30.000 Mitarbeitern erzielte das Unternehmen im Jahr 2018 einen Umsatz von 8 Mrd. Euro. Den Hauptteil des Umsatzes und der Beschäftigtenzahl stellt die Sparte Automotive. Ein weiteres Standbein ist der Bereich Stahlrohr. Stammsitz des 1876 in Bielefeld gegründeten Unternehmens ist der Paderborner Stadtteil Schloss-Neuhaus. Vor einigen Jahren verlegte die Benteler-Holding Benteler International ihren Firmensitz nach Salzburg, wohl auch um Steuern zu sparen[1]Benteler zieht nach Österreich. Diese Entscheidung bereitet dem Unternehmen, das in den Sog der Corona-Krise im Automobilbau geraten ist, Probleme. Auf Staatshilfen aus Deutschland braucht sich Benteler keine allzu großen Hoffnungen machen[2]Benteler: Steuerflucht nach Salzburg wird in Coronazeiten zum Bumerang.

Bereits im vergangenen Jahr leitete Benteler einen großen Personalabbau ein[3]Benteler beginnt mit dem Stellenabbau. Ebenfalls im Jahr 2019 verkaufte Benteler seine wirtschaftlich erfolgreiche Sparte Stahlhandel[4]Benteler verkauft Handelssparte an niederländischen Konkurrenten. Das Unternehmen begründete diesen Schritt damit, sich auf das Automobilgeschäft konzentrieren zu wollen. Für die Entscheidung waren wohl auch finanzielle Gründen mit ausschlaggebend. Das Unternehmen benötigte Liquidität.

In den letzten Jahren hatte Benteler immer wieder unter der wechselhaften Autokonjunktur aber auch unter internen Problemen zu leiden. Die Firmenkultur bei Benteler sei schon etwas speziell, so einige Insider. Das gelte in besonderer Weise für den Führungsstil des Konzernpatriarchen Hubertus Benteler. Über die Jahre haben zahlreiche Vorstände das Unternehmen verlassen[5]Firmenkultur der Reformangst beschert Benteler Entlassungen. Ein weiteres Problem seien die geringen Margen im Bereich Automotive. Der derzeitige Benteler-Chef Ralf Göttel verkündete bei seinem Amtsantritt 2018 den Umsatz bis 2022 auf 11,3 Mrd. Euro steigern zu wollen[6]Der neue Benteler-Chef setzt sich ehrgeizige Ziele.

Verschätzt hat sich der Benteler-Konzern mit dem Bau seines Stahlrohrwerks im US-Bundesstaat Louisiana. Fast 1 Mrd. Dollar investierte Benteler in das neue Werk[7]Benteler expandiert in den USA. Schon kurz nach Aufnahme der Produktion zeigte sich, dass sich die Auftragslage nicht so positiv entwickelte wie gehofft[8]Benteler-Werk in USA hat wenig Aufträge.

Die Unternehmensgeschichte von Benteler ist seit Jahrzehnten von internen und externen Krisen geprägt[9]Krieg und Frieden. Die beiden Brüder Erich und Helmut Benteler, zu je 50 Prozent Eigentümer der Benteler AG, ließen kaum eine Gelegenheit zum Streit aus[10]Die Unternehmerfamilie Benteler aus dem Westfälischen bekriegt sich seit Jahren mit ungewöhnlicher Leidenschaft.. Hinzu kamen noch familieninterne Auseinandersetzungen. Als die beiden Brüder Erich und Helmut sich nicht auf einen Vorstandschef aus der eigenen Familie einigen konnten, berief der damalige AR-Chef Kuhn den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Stahlwerke Peine-Salzgitter, Peter Adams, zum neuen Benteler-Chef.

Als Adams nach erfolgreicher Arbeit ausschied, übernahm der Sohn von Erich Benteler, Hubertus, den Chefposten. Dieser machte seinen Job zur Überraschung vieler gut. Unter seiner Führung wuchs Benteler zu einem der größten Automobilzulieferer der Welt heran. Im Jahr 2017 zog sich Hubertus Benteler im Alter von 70 Jahren aus dem operativen Geschäft zurück[11]Der Patriarch tritt ab. Eines der wenigen Interviews mit Hubertus Benteler stammt aus dem Jahr 2016[12]Interview: Hubertus Benteler zur Lage des Konzerns.

Große Hoffnungen setzt Benteler auf seine Elektroautoplattform Electric Drive System (EDS). Erste Kunden konnten bereits gewonnen werden[13]Chinesen bauen auf Benteler. Auf der Fachmesse für Konsumelektronik stellte Benteler zusammen mit Sony und Bosch den Elektro-Pkw-Prototyp „Vision S“ vor[14]Benteler unterstützt Sonys Entwicklung von E-Autos.

Die aktuellen Meldungen sind dagegen weniger erfreulich. Das Unternehmen befindet sich allem Anschein nach in einer schweren Krise[15]Arbeitnehmer machen sich Sorgen um Benteler-Konzern. Sollte Benteler keine Staatshilfe bekommen, könnte der Einstieg eines Investors die Lösung sein.

Irgendwie ist es schon erstaunlich, dass sich ein Unternehmen wie Benteler, in dem eigentlich seit Jahrzehnten immer wieder Unruhe herrscht, so lange erfolgreich am Markt behaupten konnte. Es bleibt zu hoffen, dass es auch diesmal gut geht.

Von Rolevinck

Ein Gedanke zu „Benteler-Konzern wieder mal in der Krise“

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