Die Forschung zu Weihnachtsbräuchen hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Frühere Untersuchungen konzentrierten sich auf die Ursprünge einzelner Bräuche, wie beispielsweise die Herkunft des Weihnachtsbaums

In den letzten Jahrzehnten hat sich der Fokus jedoch verschoben. Neuere Studien befassen sich verstärkt mit den Veränderungen der Feststruktur in den vergangenen 150 bis 200 Jahren und der Entstehung des modernen Weihnachtsfestes.

Dabei rückten neue Aspekte in den Vordergrund:

  1. Weihnachten und Familienstruktur
  2. Weihnachten und Wirtschaftsform
  3. Ideologische Verfügbarkeit von Weihnachten
  4. Diffusion und Rezeption moderner Festformen

Neben diesen grundlegenden Arbeiten gibt es zahlreiche regionale und lokale Untersuchungen, die spezifische Materialien und Fakten liefern.

Für einige Regionen wurden bereits zusammenfassende Darstellungen erarbeitet, um die Fülle an Informationen besser zugänglich zu machen. Für Westfalen steht eine solche Zusammenfassung jedoch noch aus.

Die Berichte im Archiv für westfälische Volkskunde bieten umfangreiches Material zum Advents- und Weihnachtsbrauchtum in Westfalen. Diese Quellen ermöglichen einen ersten Überblick über den Weihnachtsfestkreis in Westfalen um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Die Fragelisten der Volkskundlichen Kommission, insbesondere die Liste 25 zum Advents- und Weihnachtsbrauchtum, sind kulturgeschichtlich ausgerichtet und zielen darauf ab, detaillierte Beschreibungen der brauchtümlichen Handlungen zu sammeln.

Quelle: Weihnachten in Westfalen um 1900

Die Weihnachtsbräuche in Westfalen haben sich im Laufe der Jahrhunderte deutlich verändert:

Geschenkbringer

Noch in den 1930er Jahren teilten sich Christkind und Weihnachtsmann die Aufgabe der Geschenkeverteilung in Deutschland. Das Christkind war vor allem in West- und Süddeutschland aktiv, während der Weihnachtsmann in Mittel-, Nord- und Ostdeutschland Geschenke brachte. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat die Popularität des Weihnachtsmanns jedoch zugenommen, während das Christkind etwas in den Hintergrund geraten ist.

Heiligabend

Der 24. Dezember hat sich von einem Fastentag zu einem zentralen Festtag entwickelt:
Früher: Der „Wiehnachtsowend“ war in katholischen Gebieten Westfalens ein Fastentag. Die Menschen arbeiteten bis mittags und gingen früh zu Bett, da die Christmette am 1. Weihnachtstag zwischen 3 und 5 Uhr morgens begann.

Heute: Der Heiligabend ist zum Höhepunkt des Festes mit Geschenken und festlichem Essen geworden.

Geschenke

Die Bescherung hat sich im Laufe der Zeit verändert:

Früher: Kinder stellten am 24. Dezember einen Teller vor die Tür, der am Weihnachtsmorgen mit Süßigkeiten, Backwaren und Obst gefüllt war. Vor 1900 fiel die Bescherung in den meisten westfälischen Familien eher bescheiden aus.

Später: Zunehmend kamen auch warme Winterkleidung, Schulsachen und Spielzeug als Geschenke hinzu.

Besondere Bräuche

In den 1950er Jahren entstand in Münster und anderen Teilen Westfalens der kurzlebige Brauch, Verkehrspolizisten am Heiligabend zu beschenken. Die Polizisten gaben diese Geschenke an soziale Einrichtungen weiter.

Die Entwicklung der Weihnachtsbräuche in Westfalen spiegelt den allgemeinen Wandel des Festes wider, das sich von einer primär religiösen Feier zu einem Familienfest mit stärkerem Fokus auf Geschenke und Konsum entwickelt hat.

Erhaltene Bräuche

Barbarazweig-Schneiden

Am 4. Dezember werden Blütenzweige von Obstbäumen abgeschnitten und in eine Vase gestellt. Blühen sie an Heiligabend, gilt das als Glücksbringer für das kommende Jahr. Dieser Brauch ist besonders im Kreis Soest verbreitet.

Weihnachtsmärkte

Zahlreiche Städte in Westfalen veranstalten traditionelle Weihnachtsmärkte, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Ein besonders bekannter ist der Weihnachtsmarkt am Münsteraner Lambertikirchplatz.

Christmette

Der Besuch der Christmette in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember ist für viele Westfalen nach wie vor ein wichtiger Teil der Weihnachtsfeierlichkeiten.

Von Rolevinck

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