Johann Stephan Pütter, Professor an der damals wohl angesehensten deutschen Universität, Göttingen, einer der berühmtesten Staatsrechtslehrer seiner Zeit, wurde einst am Gothaer Hofe Friedrich dem Großen vorgestellt. Man unterhielt sich angeregt über Geschichte und Literatur. Im Verlaufe des Gesprächs fragte ihn Friedrich, woher er eigentlich stamme. Als ihm Pütter daraufhin antwortete: “Aus Iserlohn in Westfalen«, brach der König die Unterhaltung abrupt ab’. Nicht besser soll es einem anderen bedeutenden Westfalen gegangen sein, über den, zu einer Ratsstelle empfohlen, der König an den Rand der Eingabe schrieb: »Dieser kann es nicht werden, denn die Westfalen haben kein Genie«’. Mit einem ähnlich abwertenden Urteil war schon Friedrichs Vater, der Soldatenkönig, vorangegangen, welcher seine Vasallen in Kleve-Mark schlechthin als dumme Ochsen bezeichnet hatte. Außerdem, so äußerte er sich mehrmals, sei diese Nation »sehr intrigant und falsch« und saufe »wie die Biester«. Auch von Minden-Ravensberg hatte Friedrich Wilhelm keine gute Meinung, denn dort seien die Vasallen ebenso wie in Tecklenburg und Lingen äußerst dumm’. Die Tatsache, daß man in Berlin mit der klevischen Kriegs- und Domänenkammer nicht immer zufrieden war” wie auch die in gewisser Weise andersartigen politischen und sozialen Verhältnisse in den westlichen Territorien Brandenburgs’ mögen zu diesen harten summarischen Urteilen der Hohenzollernherrscher beigetragen haben.

Doch dürften sie nicht allein durch die eigene Erfahrung bedingt sein, vielmehr entsprachen sie einem in nahezu ganz Europa verbreiteten Vorurteil über Westfalen, das man sich vielfach als ein weites Heideland oder gar als ein steiniges Arabien vorstellte”. Noch 1783 wird in Schlözers Staatsanzeigen mit Bedauern festgestellt: »Die Westfälinger und Pommern haben unter den Deutschen wohl von jeher das auszeichnende Schicksal gehabt, in anderen Provinzen teils ein Gegenstand verschiedener Mären und Legenden zu sein, teils zur feineren Kultur und Aufklärung für unfähig gehalten zu werden.« …

Quelle: Zeitgenössische Ansichten über die Entwicklung von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur in den westfälischen Territorien in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts

Weitere Informationen:

Westfälische Staatsmänner und Diplomaten

Von Rolevinck

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