Von Ralf Keuper

Der unter dem Beinamen “Der Ausgräber” über die Grenzen Westfalens hinaus bekannte Wilhelm Winkelmann hat der Archäologie Westfalens über Jahrzehnte Gesicht und Stimme gegeben.
Kaum vorstellbar, dass zu seiner Zeit der Landesteil Westfalen im Kulturgutachten der Landesregierung NRW nur geringe Berücksichtigung gefunden hätte. Statt über die angebliche Benachteiligung Westfalens zu lamentieren und sich darin zu erschöpfen, wie es im LWL seit Jahren der Fall ist, war Winkelmann nicht nur ein Stubengelehrter und Bürokrat, sondern ein Mann der Tat, der seiner Arbeit mit Leidenschaft nachging. Diese Leidenschaft wird für den Leser der Beiträge zur Frühgeschichte Westfalens auf jeder Seite spürbar.

Die Stationen seiner Ausgrabungstätigkeit führten Winkelmann durch ganz Westfalen. Wichtigste Orte waren dabei Vreden, Warendorf, Beckum, Holsterhausen, Münster und Paderborn. Die Ausgrabung der Paderborner Kaiserpfalz machte Winkelmann bundesweit bekannt. Sie darf wohl als sein wichtigstes Projekt angesehen werden, weshalb die Beiträge über die Anfänge der Besiedlung des Paderborner Landes, der ersten karolingischen Anlage bis hin zur unter Bischof Meinwerk errichteten ottonischen Kaiserpfalz großen Raum einnehmen.

Jedoch würde es seiner Arbeit und der Region bei weitem nicht gerecht werden, ihn ausschließlich mit der Paderborner Kaiserpfalz in Verbindung zu bringen.

Besonders die Ausgrabungen in Vreden in den Jahren 1950 und 1951 müssen Winkelmann große Freude bereitet haben, als unter der von Bomben zerstörten Pfarrkirche St. Georg die Reste eines karolingischen Baus zum Vorschein kamen. Ergriffen notierte Winkelmann:

Wir hatten den historischen, durch Urkunde, Überlieferung und Bodenfunde umrissenen Raum des ausgehenden 8. Jahrhunderts betreten, in dem die sicher fassbare Kontinuität von fast 1200jähriger Geschichte einmal begann.

Neben Vreden zählen die Ausgrabungen in Holsterhausen, die ein bis dahin unbekanntes Römerlager ans Licht brachten und vor allem in Warendorf zu den weiteren Höhepunkten seiner beruflichen Laufbahn. In Warendorf, genauer gesagt Neuwarendorf und Warendorf-Velsen, konnten die Archäologen eine ausgedehnte Sächsische Siedlung zu Tage fördern, die vom 7. bis zum 9. Jahrhundert n.Chr. bewohnt war. Ein in dieser Form zum damaligen Zeitpunkt einmaliger Fund in Westfalen. Neu hinzugekommen in den letzten Jahren ist die Siedlung Balhorn im heutigen Paderborn, die eine kontinuierliche Besiedlung von der Zeit der Römer bis ins später Mittelalter aufweist.

Von nicht minderer Bedeutung war die Entdeckung des Sächsischen Fürstengrabes bei Beckum, eine weitere archäologische “Sensation”. Mittlerweile konnte ein ähnlicher Fund, das Adelsgrab in Wünnenberg-Fürstenberg gemacht werden.

Diese und noch weitere lebhafte Eindrücke gewinnt der Leser während der Lektüre der Beiträge, die in schönster Gelehrtenprosa verfasst sind, dazu noch in einem Erzählstil, der zu fesseln weiß, was bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen keinesfalls die Regel ist.

Weitere Informationen:

Archäologie des frühen Mittelalters vom 5. bis zum 9. Jahrhundert in Westfalen– ein Überblick –

Von den Karolingern bis zum Zweiten Weltkrieg: LWL-Archäologen finden Querschnitt durch die Geschichte Dülmens

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