Von Ralf Keuper
Das Zeitalter der Eisenbahn in Westfalen beginnt mit der Eröffnung der Strecke Köln-Minden im Jahr 1847. Vorausgegangen war diesem historischen Ereignis eine heftig geführte Auseinandersetzung zwischen Befürwortern und Gegnern der Eisenbahn.
Treibende Kraft in Westfalen für die Einführung der Eisenbahn war der Unternehmer Friedrich Harkort, der als erster überhaupt in Deutschland zu der Thematik einen Artikel veröffentlichte. Im Jahr 1833 fasste er seine Gedanken in der Schrift Die Eisenbahn von Minden nach Cöln zusammen. Trotz seines großen Engagements, konnte er seine Pläne lange Zeit nicht verwirklichen. Wichtiger Mitstreiter im Rheinland war David Hansemann aus Aachen, der seine Lehrzeit übrigens in Rheda-Wiedenbrück verbracht hat.
Neben Hansemann und Harkort erkannten die wirtschaftliche Bedeutung der Eisenbahn für Westfalen und das Rheinland auch andere, wie Carl Bertelsmann, Gründer des Verlags Bertelsmann, aus dem der derzeit größte Medienkonzern Europas hervorging.
Der Schriftsteller und Publizist Levin Schücking hielt seine Reiseeindrücke in dem Buch Eine Eisenbahnfahrt von Minden nach Köln literarisch fest.
Weitere Eisenbahnpioniere aus bzw. in Westfalen waren Gustav Harkort, Bruder von Friedrich Harkort und Hermann Kirchhoff. Als preußischer Minister baute Albert von Maybach die deutsche Eisenbahnverwaltung auf und setzte sich gegen die privaten Eisenbahngesellschaften durch, die einen intensiven Ausbau der Eisenbahnstrecken in Deutschland verhindert hätten. Leidenschaftlicher Eisenbahner war auch Wilhelm Hoff, der für kurze Zeit auch preußischer Eisenbahnminister war.
Fritz Busch war nach 1945 Generaldirektor der Reichsbahn und noch an den Vorbereitungen zur Gründung der Bundesbahn beteiligt.
Und nicht zu vergessen: Sophie Henschel , die nach dem Tod ihres Mannes mit großem Erfolg das Unternehmen Henschel & Sohn in Kassel führte – zeitweise der größte Hersteller von Dieselloks in Europa.
Wichtiger Knotenpunkt im Eisenbahnnetz Westfalens ist die Kleinstadt Altenbeken im Kreis Paderborn, wovon auch die Hannover–Altenbekener Eisenbahn-Gesellschaft des damaligen Eisenbahnkönigs von Europa, Bethel Henry Strousberg, Zeugnis ablegt. Weiterer bedeutender Kontenpunkt in Westfalen ist der Bahnhof Hamm .
Unter der Regie der Königlich-Westfälischen-Eisenbahn-Gesellschaft fiel die Errichtung der Verbindung von Hamm bis Warburg, die auch als Stammstrecke der Westfälischen Eisenbahn bezeichnet wird. Herausragendes architektonisches Wahrzeichen ist der Viadukt in Altenbeken , Europas größte Kalksandsteinbrücke.
Zusammen mit der Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft und der Westfälischen Eisenbahn war im 19. Jahrhundert die Bergisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft das dritte große private Eisenbahnunternehmen zwischen Rhein und Weser.
Im Siegerland beginnt das Eisenbahnzeitalter im Jahr 1861, als die Strecke Betzdorf-Siegen für den Schienenverkehr freigegeben wurde.
Die wohl wichtigste Institution der Deutschen Bundesbahn in Westfalen war das Bundesbahnzentralamt in Minden .
Als örtlicher Arbeitgeber ist die Bundesbahn in Westfalen mit den Ausbesserungswerken Paderborn-Nord (Güterwagen) und dem Weichenwerk Witten vertreten.
In unseren Tagen knüpfen die Westfälische Landeseisenbahn und die Westfalen Bahn an die lange Tradition der Eisenbahn in Westfalen an.
Wie sehr die Eisenbahn mit Westfalen verbunden ist, zeigt auch die Vielzahl von Unternehmen, die im Eisenbahn- und Schienenbau tätig sind. An erster Stelle ist Vossloh aus Werdohl zu nennen. Das Unternehmen ist in den Bereichen Bahn-Infrastruktur und Bahntechnik zu Hause. Darüber hinaus ist Vossloh einer der weltweit größten Hersteller von Dieselloks.
Die Westfälische Lokomotiv-Fabrik Reuschling GmbH & Co KG aus Hattingen ist bereits seit 1914 als privates Ausbesserungswerk für Schienenfahrzeuge am Markt.
Nicht mehr am Markt vertreten und eng mit der Geschichte der Eisenbahn in Westfalen verbunden ist die Maschinenfabrik Deutschland aus Dortmund, die 1995 im Vossloh-Konzern aufging.
Wer sich einen Überblick über die Geschichte der Eisenbahn verschaffen möchte, kann das im Westfälischen Feldbahnmuseum in Lengerich im Südwestfälischen Eisenbahnmuseum in Siegen , im Eisenbahnmuseum Bochum sowie beim Museums-Eisenbahn Verein Minden und bei den Bielefelder Eisenbahnfreunden machen.
Mit der Frage, wie die Eisenbahnwelt der Zukunft aussehen könnte, beschäftigt(e) sich das RailCab an der Universität Paderborn.
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