Von Ralf Keuper

Die Fleischindustrie befindet sich seit Jahren in einem Konsolidierungsprozess, dem schon einige Wurstproduzenten zum Opfer gefallen sind, wie Marten in Gütersloh (Vgl. dazu: Produktion bei Marten vor dem Aus). Käufer war in diesem Fall die zum Tönnies-Konzern im benachbarten Rheda-Wiedenbrück gehörende Zur Mühlen- Gruppe, die zuvor schon Nölke (Versmold) übernommen hatte. Die Branche steht wegen des hierzulande nachlassenden Fleischkonsums unter erheblichem Druck (Vgl. dazu: Die Deutschen und das Fleisch). Scheinbar sind nur noch große Einheiten, die entsprechende Skaleneffekte erreichen, konkurrenzfähig (Vgl. dazu: Nach Nölke, Marten, Astro und Weimarer wird Dölling umstrukturiertTönnies unter Druck).

Besonders spürbar ist diese Entwicklung in Versmold, dem “Fettfleck Westfalens” oder auch der “Wursthauptstadt Deutschlands“. In der Stadt residieren die Hersteller Wiltmann, Reinert und Nölke. Die Stockmeyer-Gruppe zog es vor Jahren ins benachbarte Sassenberg-Füchtorf. Gewohnt theatralisch bezeichnet der SPIEGEL diesen Wandel als Götterdämmerung im Wurstland

Vor wenigen Wochen gaben Reinert und Kemper ihren Zusammenschluss bekannt. Das neue Unternehmen trägt den Namen “The Family Butchers”. Jede zehnte Stelle bei Reinert wird dabei gestrichen (Vgl. dazu: Reinert kündigt Stellenabbau für neuen Wurst-Giganten an). Nach der Zur Mühlen-Gruppe ist The Family Butcher der zweitgrößte Wurstproduzent Deutschlands.

Der Ruf der Wurst hat zuletzt arg gelitten, als bekannt wurde, dass der Hersteller Wilke verdorbene Waren in den Verkehr gebracht hatte (Vgl. dazu: Was Sie über den Wurstskandal wissen müssen). 

Bereits im Jahr 2007 beschäftigte sich die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung mit der Zukunft der Fleischwirtschaft.

Ein Ergebnis daraus:

Die Rationalisierungs- und Konzentrationsprozesse sowie die fortschreitende Konsolidierung werden mindestens so viele Arbeitsplätze kosten wie in den Jahren seit 1999. Die Fremdvergabe von Schlacht- und Verarbeitungsleistungen an mittel-/osteuropäische Dienstleister wird sich fortsetzen, sofern es keine politische Regelung gibt, allerdings im Zuge der bereits zum 01.05.2006 wachsen Arbeitnehmerfreizügigkeit in einigen deutschen Nachbarländern und möglicherweise ab 2009 auch in Deutschland, mit weniger Dynamik. Dennoch besteht die Gefahr, dass bis zu 20.000 weitere sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze abgebaut werden.

In einem Interview im Jahr 2017 ging Matthias Riemann von Munich Strategy auf die Probleme der Wurstfabrikanten ein. Zu dem Veggie-Boom:

… Vor allem bei den jüngeren Verbrauchern wächst die Gruppe, die aus ethischen Gründen den Fleischkonsum generell ablehnt. Der Pro-Kopf-Konsum der nach 1967 Geborenen ist z.B. nur etwa halb so hoch wie bei älteren Generationen. Solche Überzeugungen werfen Menschen nicht einfach so über Bord, wenn sie älter werden. Aber nicht nur im Bereich vegetarische Produkte bietet dieser Wertewandel Chancen, auch das Thema Regionalität, das die Antwort auf ein gewachsenes Umweltbewusstsein und gestiegene Qualitätsansprüche von Verbrauchern sein kann, hat Potenzial.

Als positive Beispiele für eine erfolgreich Neu-Positionierung nannte Riemann Rügenwalder, Ponnath und Hudek.

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