Von Ralf Keuper
Die Rolle des Postwesens für den gesellschaftlichen Fortschritt wird meistens unterschätzt. Dabei kann man mit einigem Recht davon sprechen, dass die Informationsgesellschaft ohne die Post Utopie wäre. Der Wirtschaftshistoriker Alfred Chandler räumte dem Postwesen in seinem Buch A Nation Transformed by Information eine Schlüsselrolle für den Aufstieg der USA zur führenden Wirtschaftsnation der Welt ein.
Auch in Westfalen übernahm die Post eine wichtige Funktion für die Beschleunigung des gesellschaftlichen Wandels. Wie anders, als mit der Post, war es sonst möglich, über weite Strecken zu kommunizieren und in Kontakt zu bleiben? Maßgeblichen Einfluss auf die deutsche Postgeschichte hatte das Postwesen im Königreich Westphalen, das wiederum ganz unter dem Einfluss Napoleons und seines Bruders Jérôme, als dem König von Westphalen, stand:
Die kurze Zeit des Bestehens des Königreichs Westphalen war für die Entwicklung der Post in Deutschland von großer Bedeutung. Napoleon holte Fachleute in seine besetzten Gebiete, um seine Vorstellungen eines modernen Postwesens zu verwirklichen. In Deutschland hatte sich die Post, anders als in Frankreich, nicht als einheitliches Ganzes entwickeln können. Die Interessen der deutschen Landesherren, der Könige, Herzöge und Kurfürsten, die auf ihre Posthoheit pochten, hatten dazu geführt, dass die von den Thurn und Taxis betriebene Kaiserliche Reichspost am Ende des 18. Jahrhunderts die Kontrolle über viele Gebiete verlor. …
Als Entfernung war der kürzeste Weg zu berechnen. Dabei galt es einen Weg innerhalb des Königreichs zu finden, um die Transitkosten durch ein fremdes Postgebiet zu vermeiden. Alle Briefe und Pakete wurden in einem Journal und aus diesen in Postkarten eingetragen. Auf diesen Postkarten war die Anzahl der Briefe und die entsprechenden Adressen eingetragen und wurden den Bestimmungspostanstalten zur Kontrolle mit zugesandt.
Es ist nicht ohne Ironie, dass zum Königreich Westphalen und damit auch zu dessen Postwesen nur wenige westfälische Städte und Gemeinden (Bistum Paderborn, Minden-Ravensberg, Grafschaft Rietberg-Kaunitz und Corvey) gehörten.
Aber auch sonst kann die Postgeschichte Westfalens mit einigen Meilensteinen aufwarten, wovon u.a. die Beiträge zur Geschichte der Post in Westfalen einen Eindruck vermitteln.
Die erste regelmäßig verkehrende Wagenpost Westfalens wurde im Jahr 1663 von dem Postmeister Ellinghaus aus Lippstadt eingeführt, der dafür die kurfürstliche Erlaubnis erhielt. Sie verkehrte regelmäßig auf den Strecken Minden über Herford, Bielefeld, Lippstadt, Hamm, Lünen bis in niederrheinische Wesel und Kleve.
Ein weiterer bekannter Postmeister in Lippstadt war der Postmeister Pöppelmann. Auf ihn geht die Gründung der ersten richtigen Zeitung in Westfalen, der Lippstädtischen Zeitung, zurück.
Im Jahr 1832 wurde die Post-Charte von Westfalen nach den neuesten Post-Bestimmungen und den besten Hülfsquellen veröffentlicht.
In etwa zur selben Zeit wie in Lippstadt nahm das Postwesen in Münster seinen Anfang:
Erst Anfang des 17. Jahrhundert wurde in Münster eine ständige Porstverbindung eingerichtet. Zur Vorbereitung der Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück wurde 1643 ein Posthaus der Thurn und Taxisschen Reichspost in Münster eröffnet. 1669 wurde außerdem die fürstbischöfliche Landespost als Wagenpost für Pakete eingerichtet, so dass drei verschiedene Posten gleichzeitig in Münster abgingen.
Einer der bedeutendsten Postmänner Westfalens wie auch Deutschlands war Franz Michael Florenz von Lilien, der in den Diensten des Hauses Thurn und Taxis stand, welches das Postwesen Deutschlands bzw. des Deutschen Reiches entscheidend geprägt hat.
In jungen Jahren trat von Lilien in den Dienst derer von Thurn und Taxis, zunächst als Hofpage. Mit etwa vierzig Jahren war er Berater des Fürsten und nahm dessen Interessen am kaiserlichen Hof in Wien wahr. Die Entwicklung der Kaiserlichen Post des Reiches wurde maßgeblich durch seine Vorschläge beeinflusst; 1755 war er an der Einführung der Postwagen verantwortlich beteiligt. Er gilt als einer der wichtigsten Postmänner des 18. Jahrhunderts. 1747 wurde er für seine Verdienste von Kaiser Franz I. in den erblichen Reichsfreiherrnstand erhoben.
Intensiv mit der Postgeschichte Westfalens beschäftigt hat sich der ehemalige Postdirektor Heinz Neumann. Im Jahr 2014 überließ er seine umfangreiche Sammlung zur Postgeschichte Westfalens und Münsters dem Stadtarchiv Münster.
Neben Münster war für einige Jahrzehnte auch Minden Sitz einer Oberpostdirektion.
In Iserlohn kann man sein Wissen im Museum für Handwerk und Postgeschichte erweitern bzw. vertiefen:
Die postgeschichtliche Sammlung führt den Besuchern in 6 Räumen die Geschichte des Post- und Fernmeldewesens und deren Begleiterscheinungen vor Augen. An ausgesuchten Beispielen wird gezeigt, wie die Entwicklung der Post ihren Gang nahm und heute durch Automation und Telekommunikation verändert wird. Eine voll funktionierende historische Telefonvermittlungsanlage gibt dem Besucher einen lebendigen Einblick in die Welt des Telefonierens.
Ein weiteres Postmuseum existiert in Recklinghausen.
Das moderne Postleitzahlensystem verdanken wir dem aus Oerlinghausen stammenden Carl Bobe.