Ausgehend von der Forschung über westfälische Pachtverträge zwischen 1600 und 1900 wird der Pachtmarkt und die Preisbildung auf drei westfälischen Gütern untersucht. Während wirtschaftshistorische Ansätze davon ausgehen, dass Pachtverhältnisse als Marktbeziehungen angesehen werden können und daher nützliche Indikatoren zur Messung landwirtschaftliche Produktivität sind, betont eine eher anthropologische Perspektive die sozialen Beziehungen zwischen Verpächter (hier: adliger Gutsbesitzer) und Pächtern. Die Wahl einer geeigneten Perspektive hat erhebliche Auswirkungen auf die Forschung über landwirtschaftliche Produktivität auf der Grundlage von Pacht und Verpachtung. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die vertragliche Ausgestaltung der Pacht (genau definierte Dauer, Ankündigung, Auktionen) genutzt wurde, um die höchstmöglichen Pachtpreise zu erzielen. Doch zumindest bis in die 1830er Jahre war die Nachfrage nach Pachtland eher gering, und die Pächter konnten von fehlendem Wettbewerb profitieren. Die Preisfestsetzung für Pachtverträge führte zu Pachten unterhalb der Ricardianischen Pacht. Daher argumentieren wir, dass wichtige Annahmen des etablierten Preisansatzes, der Pachten als Näherungswerte für die Produktivität verwendet, nicht erfüllt sind und die Analyse der landwirtschaftlichen Produktivität zusätzliche Nachweise über das Einkommen und den Gewinn des Pächters erfordert.

Quelle: Wuchermiete oder Paternalismus: Wirtschaftsverhalten und Pachtmarkt in Westfalen im 19. Jahrhundert (Online abrufbar)

Von Rolevinck

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