Von Ralf Keuper
Im Jahr 1990 war das Internet noch in den Anfängen. Erst zehn Jahre später war es laut Wikipedia der bevorzugte Kommunikationskanal:
Es wird geschätzt, dass im Jahr 1993 das Internet lediglich 1 % der Informationsflüsse der weltweiten Telekommunikationsnetze ausmachte, während es im Jahr 2000 bereits die Mehrheit des technischen Informationsaustausches beherrschte (51 %) und im Jahr 2007 bereits klar dominierte (97 % der Bytes die weltweit ausgetauscht wurden).
Insofern war Ulrich Hegge, im Jahr 1990 Jurastudent an der Universität Münster, seiner Zeit voraus, als er dem damaligen Leiter des Rechenzentrums der Universität aufsuchte, um nach einem Zugang zum Forschungsnetz zu fragen. Mehr als das: Er wollte nicht nur für sich, sondern für alle Studenten einen Zugang. Gegenüber dem RZ-Leiter Dr. Held sagte er:
Wir brauchen ein Informationssystem, in dem wir erklären, was mit dem Netz möglich ist. Und am besten brauchen wir auch noch die Lehrpläne und die Lehrmaterialien der Fakultäten dazu (in: Rulebreaker. Wie Menschen denken, deren Ideen die Welt verändern).
Das war zu dem Zeitpunkt ein ungewöhnlicher Wunsch, weshalb der RZ-Leiter den Zugang ablehnte mit dem Hinweis, dass der Antrag von einem Professor gegengezeichnet werden müsse und überdies eine Kostenstelle benötigt werde. Über eine Kostenstelle verfügten seinerzeit nur Naturwissenschaftler – keine Juristen.
Damit gab sich Hegge nicht zufrieden. Bei seinen weiteren Versuchen kam ihm der Zufall zur Hilfe. Der Onkel eines seiner Kommilitonen, dem er von seiner Idee erzählte, war Geschäftsführer des Deutschen Forschungsnetzes DFN, das den Internet-Zugang für Wissenschaftler in Deutschland regelte. Dort war man für Hegges Ideen deutlich empfänglicher als im RZ der Universität. Nach einem weiteren Treffen in Münster stellte das DFN zusammen mit dem Land Nordrhein-Westfalen und der Uni Münster Gelder bereit, um die Idee eines Informationssystems für Studenten in die Realität umzusetzen.
Im Jahr 1994 schilderte Ulrich Hegge seine Erfahrungen in dem Beitrag DaWiN – Evolution oder Revolution? Neue Perspektiven in der studentischen Datenkommunikation. Im Abschnitt DaWIN war längst fällig! schrieb Hegge:
DaWiN ist im Prinzip nicht mehr als die längst überfällige Antwort auf eine generelle Entwicklung:
Neben die projektbezogene Anwendung lokaler oder zentraler Rechneranlagen sind neue Dienste getreten, die generell dem Informationsaustausch und der Informationsbeschaffung aus Informationsservern vom Arbeitsplatz aus dienen. Diese Dienste sind nicht mehr ausschließlich speziellen wissenschaftlichen Aufgaben zuzuordnen, die Diensteanbieter bieten sie jedem an, der sie erreichen kann. ..
Lokale Informationsanbieter konnten sich mit ihren Informationsangeboten etablieren: Studienberatung und -verwaltung, Veranstaltungskalender, Pressemitteilungen, Förderprogramme, Hinweise und Informationen aus Universitätsbibliothek und Rechenzentrum, Interessantes aus CIP-Pools und Fachschaften, der Personalrat bietet freie Stellen über DaWiN an, Projekte, z.B. mit den Baltischen Staaten, werden dokumentiert.
Für Hegge war DaWiN evolutionär und revolutionär zugleich:
Technisch gesehen ist DaWiN sicherlich ein Paradebeispiel für Evolution. Nach und nach kristallisieren sich Probleme heraus, die ebenso kontinuierlich behoben werden. Vom “politischen” Standpunkt her war DaWiN schon eher revolutionär. Erstmals wurde mit offizieller Unterstützung der offene Zugang zur wissenschaftlichen Datenkommunikation in großem Umfang erfolgreich erprobt. Hier gibt es keinen Schritt mehr zurück!
Im Abschnitt DV-Projekte für Studierende aus inforum, der Zeitschrift des Zentrum für Informationsverarbeitung der Universität Münster, im Jahr 1999 heisst es:
Studierende der WWU dürfen für Zwecke des Studiums die UNIX- und NT-Rechner im ZIV, ihre dort angelegte Mailbox, die Einwählmöglichkeiten sowie zum Drucken von Dateien den Laser-Schnelldrucker (p3800) benutzen; die Kennung wird beim Einrichten dem Projekt u0dawin zugeordnet, das diese Rechte beinhaltet.
Die Zugangserlaubnis zu den Rechnern der angeschlossenen Fachbereiche wird durch die Zuordnung zu einem entsprechenden DV-Projekt dokumentiert. Diese Zuordnung wird auf Antrag registriert, sofern man einen Studiengang in diesem Fachbereich belegt hat, und kann durch Ankreuzen des Punktes „im Rahmen des Projektes“ und Angabe des Projektnamens (s. u.) auf dem Standard-Formular B beantragt werden. Die Kontrolle über die Berechtigung geschieht zum Teil durch Beauftragte des Fachbereichs, die diese auf der Rückseite des Formulars bestätigen, für andere Fachbereiche an Hand einer Liste der Matrikelnummern, die beim Eintragen in die Datenbank durch das ZIV durchsucht wird.
Weitere Informationen: