Von Ralf Keuper

Die Meldung, dass Oetker das Münsteraner Startup Flaschenpost für angeblich eine Mrd. Euro übernimmt, schlug in den Medien hohe Wellen[1]Oetker kauft Lieferdienst Flaschenpost. Startups, die eine Bewertung von 1 Mrd. und mehr erreichen, sog. Unicorns, sind in Deutschland rar gesät. Lieferdienste wie Flaschenost gelten als eine der wenigen wirtschaftlichen Gewinner der Corona-Pandemie. Der Kaufpreis von einer Mrd. Euro erscheint für ein Unternehmen, das bei ca. 300 Mio. Euro Jahresumsatz Verluste in Millionenhöhe produziert, zunächst überteuert. Oetker will mit Flaschenpost sein Getränkegeschäft und womöglich auch den Absatz von Lebensmitteln, vor allem von Pizza, beflügeln. Marktkenner halten den Preis angesichts einer jährlichen Wachstumsrate von 200% und einem Deckungsbeitrag von 50% für durchaus angemessen[2]#EXKLUSIV Dr. Oetker kauft Flaschenpost – Kaufpreis: 1 Milliarde.

Oetkers eigener Lieferservice, Durstexpress, kann auf absehbare Zeit kaum mit Flaschenpost gleichziehen. Aus der Startup-Szene musste sich Oetker den Vorwurf gefallen lassen, die Geschäftsmodelle erfolgreicher Startups zu kopieren[3]Vorstoß der Oetker-Gruppe ins Start-up-Geschäft. Bereits im Jahr 2016 erwog Oetker den Kauf von Flaschenpost und erhielt einen tieferen Einblick in die Organisation des Startups. Die Übernahme kam zwar nicht zustande, jedoch ging Oetker wenig später mit seinem eigenen Startup, Durstexpress, an den Start.

Womöglich wollte Oetker zuschlagen, wie Flaschenpost noch zu einem Preis zu haben war, den das Bielefelder Familienunternehmen noch stemmen konnte und wollte. Ein ähnliches Prinzip verfolgen Google und facebook, die potenzieller Mitbewerber entweder aus dem Markt zu verdrängen versuchen oder aber, falls das nicht funktioniert, übernehmen, solange die Newcomer nicht unerschwinglich werden. Eingestielt wurde der Deal im Februar dieses Jahres auf der Startup-Konferenez “Hinterland of Things” im Lokschuppen in Bielefeld. Dort kam es zu einem intensiven Gespräch zwischen Oetker-Chef Albert Christmann und Filip Dames vom Flaschenpost-Investor Cherry[4]„Der Flaschenpost-Deal ist ein Weckruf für den Mittelstand“.

Der Erfolg von Flaschenpost wurde anscheinend auf dem Rücken der Mitarbeiter erzielt. Diese klagen über geringe Löhne, die knapp über dem Mindestlohn liegen, nicht-bezahlte Überstunden und unberechtigte Kündigungen. Die Gewerkschaft NGG hofft, dass Oetker mit der NGG einen Tarifvertrag für die Beschäftigen der Flaschenpost abschließt[5]Neue Vorwürfe gegen die Flaschenpost.

Jedenfalls hat Oetker mit Flaschenpost einen direkten Vertriebsweg zum Endkunden (Die letzte Meile) was auch im digitalen Zeitalter von großem Vorteil ist. Nicht umsonst sind Amazon[6]Amazon überrollt mit 20.000 Lieferfahrzeugen die Paketdienste und Alibaba[7]Letzte Meile: Alibaba entwickelt autonom rollende Lieferboxen für Pakete bestrebt, die Auslieferung ihrer Waren mit eigener Fahrzeugflotte selbst in die Hände zu nehmen.

Von Rolevinck

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