Bei dem Lobgedicht auf die Stadt Münster geht es hier nicht um die Frage nach dem dichterischen Wert der Ode, darüber mag man urteilen, wie man will, es interessiert uns hier das reizvolle, aufschlußreiche Zeitbild der Metropolis Westphaliae, das Murmellius am Anfang des 16. Jahrhunderts vor unseren geistigen Augen entrollt. Wenn ein Kenner der humanistischen Literatur wie J. B. Nordhoff einst das Gedicht genannt hat “einen Hochgesang, wie er selten so rein humanistischer Phantasie entflossen und selten rühmlicher einer Stadt geworden ist”‘, so wird man diesem Urteil wohl zustimmen dürfen. …[1]Das Lobgedicht des Johannes Murmellius auf die Stadt Münster und ihren Gelehrtenkreis” In der ursprünglichen Fassung erstmalig übersetzt und erläutert von Hermann Bücker

Gedicht auf die Stadt Münster, die Hauptstadt Westfalens

Habe ich wirklich den zartempfindenden Dichter,
So herausgefordert in sinnlosem Eifer,
Wie einst Marsyas reizte den hehren Apollo -Törichterweise ?!

Gestern hab’ ich beim Zechgelage zu reichlich
Bacchus gehuldigt, und schwer ist heute der Kopf mir;
Schmerzen quälen die Brust, und mir zittern am Leibe
Sämtliche Glieder.

Wenn ihr lieblichen Schwestern, die ihr die klaren
Fluten der Hippokrene bewohnt, mir nicht beisteht,
Bin ich in Schmach und Schande verloren und gehe
Elend zugrunde

Ennius dichtete nur, wenn er trunken war, seine
Lieder von Waffentaten unsterblicher Helden,
Ja, selbst aus den Gedichten der ältesten Zeiten
Duftet der Wein noch!

Macht, daß ihr fortkommt, die ihr den Geist mir behindert!
Packt euch und schert euch fort, ihr elenden Plagen;
Denn eine schwierige Arbeit verlangt von mir heute
Klare Gedanken!

Gilt es doch jetzt, ein hohes Loblied zu singen
Unserer Stadt mit den reichen, würdigen Bürgern;
Ich will’s versuchen. – Es schenke Apollo mir gnädig
Treffliche Verse!

Zierde und strahlender Glanz westfälischen Landes
Stehst du, herrliche Stadt, im Schutze des Paulus!
Mehr als Delphi gerühmt, als Stätte der Künste
Gleichst du Athen selbst!

Fruchtbare Acker erfreu’n dich mit reichem Getreide,
Freundlich strahlt in der milden Luft dir der Himmel,
Eicheln hast du zur Schweinernast und für die Rinder
Prächtige Weiden.

Von Rolevinck

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