Von Ralf Keuper

Eine weitere Folge aus der Serie “Was ist Westfalen?”, heute mit Hans Werner Henze und einer Passage aus seiner autobiografischen Schrift Reiselieder mit böhmischen Quinten:

Ich habe das Licht dieses Ostwestfalen in der Musik festhalten wollen. Die Beleuchtung Ostwestfalens ist von einer stillen Melancholie: Nie gab es eine blendende Helligkeit wie beispielsweise bei mir im Latium. Es ist eine ganz andere Art von Licht. Sie erzeugt eine andere Art von Musik, natürlich auch ein andres Denken. … Das Gefühlt von Ebene, von Prärie, das sich bei längeren Aufenthalt in einem Landstrich wie dem Münsterlande einstellt, die Abwesenheit von Unterbrechungen des Flachen, das Fehlen von Tälern, Höhen und Schluchten hat einen merkwürdigen, aber nicht unangenehmen Eindruck auf mich gemacht. Entweder hört die Ewigkeit dort auf, wo man die letzten Pappel sieht, oder sie fängt dort an: die unendliche Einfalt, sie geht immer so weiter auf die schönste und unauffälligste Art und Weise. … 

Wir sind tatsächlich ein schwerblütiger Volksschlag, neigen zur Melancholie und zum Pessimismus, sind denkfaul und gutmütig zugleich. Zum Westfalen gehört auch das fast wie das hübsche Holländische sich anhörende Plattdeutsche, das wir als Kinder, die auf dem Lande aufwuchsen, nicht sprechen durften. 

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