Von Ralf Keuper

Die fortschreitende Digitalisierung, d.h. die zunehmende Vernetzung von Menschen, Maschinen und Prozessen in Betrieben und über die Unternehmensgrenzen hinweg, häufig unter dem Schlagwort Industrie 4.0 zusammengefasst, zwingt die Unternehmen dazu, ihre Strategien und Geschäftsmodelle zu überdenken. Während die Industrie 4.o das übergreifende Konzept ist, handelt es sich bei der Smart Factory um die konkrete Ausprägung auf Unternehmensebene (Vgl. dazu: Was ist Industrie 4.0 – was ist eine Smart Factory?).

Um den Wandlungsprozess zu veranschaulichen, den heimische Unternehmen im Zuge der Digitalisierung bereits durchlaufen haben und in den nächsten Jahren noch absolvieren werden, luden Digital in NRW, das Fraunhofer IML und WILO zu einem Demonstrationstag Digitale Produktion bei WILO in Dortmund ein.

Am WILO-Standort an der Nortkirchenstraße in Dortmund entsteht in den nächsten Jahren der WILO CAMPUS; derzeit Deutschlands größtes industrielles Bauvorhaben.

Kern des Campus wird die Smart Factory auf der Nordseite des Geländes sein.

Mit der neuen Smart Factory macht die Wilo SE einen großen Schritt in Richtung digitale Zukunft und ermöglicht zukünftig eine effizientere Produktion, einen optimierten Materialfluss und intelligente Logistik. Die notwendigen Flächen hierzu werden durch Ankäufe und den Abriss von Bestandsgebäuden geschaffen — das alles im laufenden Betrieb (Quelle: WILO)

Weitere Gebäude sind ein Office für die Verwaltung, das Project House mit der Produktentwicklung, das Customer Interface für den Kundenkontakt und ein Children Center (Kita) & Gesundheitszentrum für die Mitarbeiter.

Mittelpunkt wird ein zentraler Platz sein, an dem sich die Gebäude beider Seiten gleichberechtigt gegenüberstehen. WILO will mit dem Campus bislang über das Stadtgebiet verstreute Standorte zusammenführen. Für den Campus wird sogar die Nortkrichenstraße umgeleitet. Das neue Verwaltungsgebäude soll einen architektonischen Akzent in Dortmunds Westen setzen. Insofern handelt es sich bei dem WILO CAMPUS um ein Projekt von städtebaulicher Relevanz.

In ihrem Vortrag erläuterte Dr. Sabine Hempen, Group Vice President Operational Excellence, Wilo SE, die Digitalstrategie von WILO.

Eckpunkte: 

Quelle: Die SAP-Strategie von WILO für eine globale Unternehmenslogistik

Oder anders:

Quelle: Geschäftsbericht 2016 WILO BRINGS THE FUTURE

WILO verfolgt eine adaptive und keine disruptive Strategie – oder mit anderen Worten: Evolution statt Revolution. Dabei orientiert sich das Unternehmen u.a. an dem Digital Transformation Index und dem Konzept der Digital Maturity von Arthur D. Little (Vgl. dazu: Putting Culture at The Centre of your Digital Transformation).

In erster Linie, so jedenfalls der Eindruck, der während des Vortrags und der anschließenden Diskussion entstehen konnte, verfolgt WILO mit der Digitalisierung und der Smart Factory Effizienzsteigerungen (Durchlaufzeiten, Verkürzung der Lagerhaltung, Vgl. dazu: Wilo baut Smart Factory. Den digitalen Wandel hautnah miterleben). Da WILO schon jetzt eine Produktvarianz von 1,6 verfügt, und damit der Losgröße 1 schon sehr nahe ist, dient die Smart Factory vor allem dem Zweck, die Komplexität und Varianz in der Produktion aufzufangen. Hierfür müssen die Informationen aus der Produktion (MES) und Logistik in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden. In Zukunft soll der Kontakt mit den Endkunden intensiviert werden, u.a. durch Apps und/oder neue Geschäftsmodelle, wie das Mieten von Pumpen bzw. der Bezug von Leistungen nach Bedarf.

Während des Rundgangs bekamen wir einen Einblick in die aktuellen Produktionsabläufe (Vgl. dazu: Wilo Campus Dortmund: Warum der Pumpenbauer mit seiner Fabrik der Zukunft richtig klotzt). Schon jetzt werden mit Blick auf den Umzug in die neuen Hallen die Abläufe umgestellt. Auf diese Weise sollen die gröbsten Fehler schon im Vorfeld beseitigt werden. Große Bedeutung hat dabei die Logistik.

Interessant auch der Hinweis darauf, dass Pumpen, je nach Quelle, bis zu 30 Prozent (!) des weltweit erzeugten Stroms verbrauchen (Vgl. dazu: Energieverbrauch von Pumpen). Hocheffizienzpumpen könnten für einen deutlich geringeren Stromverbrauch sorgen (Vgl. dazu: Hocheffizienzpumpen für Heizung
und Kühlung).

Alles in allem ein Tag mit vielen Denkanstössen und der Möglichkeit zum Netzwerken und Informationsaustausch. Die Industrie 4.0 nimmt mitten in Westfalen bei einem Weltmarktführer Gestalt an. Die Unternehmensleitung hat mit dem Bau des WILO CAMPUS eine mutige und weitsichtige Entscheidung getroffen. Das Baugelände gehörte früher übrigens zu HOESCH. Gleich nebenan steht der HOESCH-Turm. Vor dreißig Jahren stand WILO noch im Schatten von HOESCH. Bis weit in die 1980er Jahre waren in Dortmund Kohle, Stahl und Bier die wichtigsten Branchen. Heute ist WILO eines der Vorzeigeunternehmen der Stadt. So ändern sich die Zeiten.

Mein Dank geht an Digital NRW, das Fraunhofer IML und natürlich an WILO und seine Mitarbeiter, die uns Besuchern den Tag so angenehm und informativ wie möglich gestaltet haben!

Von Rolevinck

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