Missbrauchsskandal in der Evangelischen Kirche: Rücktritt von Annette Kurschus und Enthüllungen über systematisches Versagen

Ein Missbrauchsskandal erschüttert die westfälische Landeskirche: Annette Kurschus, ehemalige EKD-Ratsvorsitzende, trat nach Vorwürfen des Versagens bei der Aufarbeitung zurück. Eine Sonderprüfung deckt schwerwiegende Fehler und Vertuschungen auf – ein Fall, der das Vertrauen in die kirchliche Führung tief erschüttert.

Annette Kurschus trat am 20. November 2023 als EKD-Ratsvorsitzende und Präses der westfälischen Landeskirche zurück. Ihr Rücktritt erfolgte inmitten eines Missbrauchsskandals um einen Kirchenmusiker in Siegen, der Jahrzehnte lang männliche Jugendliche missbraucht haben soll. Eine Sonderprüfung der Kanzlei Deloitte deckte nicht nur die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe auf, sondern auch schweres Versagen kirchenleitender Personen^[1]Neuer Prüfbericht zeigt Abgründe bei der EKD.

Der Kirchenmusiker war fast 40 Jahre als Kantor tätig und pflegte enge Beziehungen zu Jugendlichen, unter anderem durch Orgelunterricht. Trotz frühzeitiger Verdachtsmomente seit den 1990er Jahren, wie unangemessenes Verhalten und Hinweise auf Missbrauch, wurde der Mann nicht belangt. Annette Kurschus, die damals Gemeindepfarrerin in Siegen war und eng mit dem Musiker befreundet war, soll laut Zeugen über Missbrauchsvorwürfe informiert gewesen sein, was sie jedoch bestreitet.

2022 berichtete ein Betroffener erneut von Missbrauch, doch Kurschus meldete den Fall nicht sofort, sondern erst mit monatelanger Verzögerung. Zudem hielt sie Informationen wie ihre Verbindungen zum beschuldigten Musiker und frühere Hinweise zurück. Dies führte zu Spannungen innerhalb der Kirchenleitung. Ihr theologischer Vizepräsident Ulf Schlüter riet ihr schließlich zum Rücktritt. Ihre Kommunikationsstrategie, die Transparenz verhinderte, sorgte für weitere Kritik.

Die Prüfer empfehlen nun Disziplinarverfahren gegen Kurschus sowie den juristischen Vizepräsidenten Arne Kupke, der eine Beratergruppe ohne Zustimmung der Kirchenleitung einsetzte. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf systematische Versäumnisse in der Aufarbeitung von Missbrauch in der Kirche.